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Rudolf Heß Ersatz-Veranstaltung unter den Augen der Polizei

 

"Wir kommen wieder", drohten die Neonazis den Bürgern von Wunsiedel © Johannes Hartl

250 Neonazis marschierten am vergangenen Wochenende im oberfränkischen Wunsiedel zum Volkstrauertag auf. Jahrelang war die Stadt Wallfahrtsort für Neonazis, die mit ihren Aufmärschen Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß verherrlichten. Unter den Teilnehmern waren auch lokale NPD-Mitglieder wie Daniel Weigl, Bezirksvorsitzender der NPD-Oberpfalz, und Simon Preisinger von der NPD-Tirschenreuth. Beide traten im Laufe der Veranstaltung als Referenten auf.

Nachdem die Neonazis eine lange Zeit über ihren Lkw, der mit Lautsprecheranlagen für die Zwischenkundgebung ausgestattet wurde, präpariert hatten, begann die Veranstaltung gegen 13 Uhr schließlich mit dem Verlesen der Auflagen. Im Anschluss daran setzten sich die Neonazis mit Transparenten und Fahnen bestückt sowie von dem Lastkraftwagen begleitet in Bewegung. Ihre Route führte sie dabei von der Egerstraße in die Von-Schirnding-Straße und von dort aus weiter in die Marktgrafenstraße. Als nächstes marschierten sie die Doktor-Schmidt Straße in Richtung Heinrich-Beer-Straße entlang und stoppten dann an der Ecke Heinrich-Beer-Straße/Doktor-Heim-Straße für eine Zwischenkundgebung.

Zu Anfang trat der budnesweite agierende Nazikader Thomas Wulff auf, der sich in seiner Rede über den zeitgleich stattfindenden Markt in der Innenstadt empörte und beklagte. „Aber es scheint nicht weit her zu sein mit Anstand und Würde in den Verwaltungsetagen hier in Wunsiedel“. Weiterhin gab er an, dass sie sich nicht davon abbringen lassen würden, ihren Toten zu gedenken und hetzte gegen eine Republik der „kleinen Geister und Zwerge“. Darauf folgte die Rede von Neonazi Simon Preisinger. Dieser sprach davon, dass die „Erinnerung an den Holocaust nahezu einen Religionsstatus“ erreicht hätte und lamentierte, dass das „ständige Bekenntnis zum Selbsthass“ mit dem Bayerischen Museumspreis ausgezeichnet worden sei. Gemeint war damit die Auszeichnung der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg. Daniel Weigl referierte abschließend über die „Vernichtung“ des deutschen Volkes und dass diese „nicht geduldet“ werden dürfe. Zudem drohte er: „Wunsiedel, wir kommen wieder!“

Nach der Kundgebung führte der Demonstrationszug weiter in die Doktor-Heim-Straße und von dort aus über die Nordenstrasse zurück zum Versammlungsort an der Jean Paul Schule. Dort hielt dann noch der rechtsextreme Historiker Olaf Rose einen Vortrag, ehe sich die Neonazi-Veranstaltung allmählich ihrem Ende zuneigte.

Wunsiedel ist bunt

Ab 14 Uhr hat die Stadt Wunsiedel zum Gedanken an die 30 dort beerdigte jüdischen KZ-Opfer zwei Schautafeln zum Thema „Todesmärsche“ in Oberfranken eingeweiht. Die Vorstellung am Friedhof wurde musikalisch untermalt und war in der Bevölkerung auf breites öffentliches Interesse gestoßen. Auch das Bündnis „Wunsiedel ist bunt“ hat sich daran beteiligt und mit einem Transparent positioniert. Bürgermeister Karl-Willi Beck stellte in seiner Rede fest, dass die Neonazis, mit denen er eine Diskussion beginnen wollte, überhaupt keine Ahnung von Geschichte hätten und mahnte: „Wollen wir das Geschehene nicht verblassen lassen! Nie mehr menschenfeindliche Politik, so wollen wir dieses Mahnmal einsetzen“, betonte der Beck.

Bilanz der Polizei

Zum Ende des Tages hin gab die Polizei an, dass es am Rande zu mehreren kleinen Verstößen gekommen war. Unter anderem wurde bei einem Rechten ein Einhand-Messer gefunden und bei einem anderen zwei Personalausweise. Von zwei Bussen der Neonazis und von einigen Pkw, bei denen noch unklar ist, ob deren Eigentümer Rechtsextreme sind, wurden Reifen zerstochen. Darüber hinaus sei von linken Seite eine Spontandemo mit 50 Personen durchgeführt worden, bei der angesichts der Tatsache, dass Fahnen mitgebracht wurden, geprüft wird, ob es sich tatsächlich um eine Spontandemo gehandelt hat. Verletzte habe es ebenso wenig wie körperliche Auseinandersetzungen gegeben, wie Horst Thiemt von der Polizei sagte. Insgesamt bezeichnete er den Einsatz als „ruhig“. Auf rund 250 Rechtsextremisten kamen 350 Personen, die an der Veranstaltung des Bündnisses und der Einweihung der Tafeln teilgenommen hatten. Der Aufmarsch stand dabei unter dem Schatten der Welle des Rechten Terrors, die kürzlich bekannt wurde. Bei rechtsextremen Mordserie wurden insgesamt neun Menschen mit Migrationshintergrund und eine Polizistin von Neonazis getötet.