Lesezeichen
‹ Alle Einträge

Spendenaufruf nach rassistischem Übergriff

 

Die betroffenen des Nazi-Überfalls benötigen dringend finanzielle Hilfe © Matthias Zickrow

Erst beschimpften sie ihn, dann prügelten sie auf ihn ein. Ende Februar wurde in Mücheln ein türkischer Imbissbetreiber und seine Lebensgefährtin vor den Augen ihrer siebenjährigen Tochter von Neonazis angegriffen und in Todesangst versetzt. Nach dem Übergriff steht die Kleinfamilie vor den Trümmern ihrer Existenz. Jetzt bittet die Mobile Opferberatung für die Betroffenen um Spenden.

Unmissverständliche Morddrohung, Faustschläge und Fußtritte

Gegen 17 Uhr betraten sechs Unbekannte, darunter zwei Frauen, das erst vor knapp vier Monaten eröffnete „Grillhaus“. Bevor zwei der Männer den 25-jährigen Imbissbetreiber Yaşar N. (Name geändert) zu Boden warfen und auf ihn eintraten und -schlugen, drohte einer der Angreifer dem Paar: Wenn sie den Laden bis zum 20. April – dem Geburtstag des „Führers“ – nicht zumachten, seien sie „die 12. Person“, die in der Zeitung stünden. Bei dem Versuch, den Angriff zu beenden, wurde auch die kurdische Lebenspartnerin des Imbissbetreibers durch einen Faustschlag an der Schulter verletzt. Währenddessen machten sich die anderen aus der Gruppe lautstark über die Betroffenen lustig.

Erst als die 32-Jährige, die die Angreifer immer wieder anschrie aufzuhören, zur Theke lief und ein Dönermesser in die Hand nahm, ließen die Angreifer von Yaşar N. ab. Anschließend gelang es ihm, die 7-Jährige, die bis dahin alles hatte mit ansehen müssen, in einem kleinen Abstellraum in Sicherheit zu bringen. Währenddessen verließen die Angreifer das Lokal und die Betroffene bat eine Kundin, die Polizei zu alarmieren.

Kurz darauf versuchten mehrere Angreifer erneut, in den Verkaufsraum zu gelangen. Nur knapp schaffte es die Familie die Eingangstür zu verschließen, obwohl die Angreifer immer wieder von außen dagegen drückten und traten. Daraufhin zerschlugen die Rechtsextremisten die Glastür, wodurch beide Betroffenen durch Glassplitter verletzt wurden. Das Paar versteckte sich in Todesangst in der Küche und rief noch zwei Mal über Notruf die Polizei. Bis die Polizei endlich eintraf hatten sich immer mehr Symphatisantender Angreifer vor dem Geschäft versammelt.

Existenzielle Notlage nach dem Angriff

Yaşar N. hatte vor dem Angriff gehofft , durch den Imbissbetrieb langfristig seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können. Doch nun ist seine Zukunft ungewiss. Seit dem Angriff fühlen sich der Imbissbetreiber und seine Freundin im „Grillhaus“ nicht mehr sicher und fürchten angesichts der unmissverständlichen Drohung mit einer NSU-Nachahmertat um ihr Leben. Am Tag nach dem Angriff, als Yaşar N. einige Sachen aus seinem Imbiss holen wollte, waren mehrere Autos, in denen der Betroffene auch zwei der Angreifer wiedererkannte, mehrfach mit aufheulendem Motor an dem Geschäft vorbeigefahren. Zudem fand das Paar mehrere Aufkleber mit rechten Parolen am Imbiss vor.

Trotz der Drohungen öffnete die Familie den Imbiss nach einwöchiger Pause wieder. Ein Teil der auf Kommission gekauften Lebensmittel war verdorben. Darüberhinaus bleibt seit dem Angriff die Kundschaft weitestgehend aus. Wovon der 25-Jährige die laufenden Kosten für Miete, Strom, Abwasser und Versicherung in Höhe von 1100 Euro monatlich begleichen soll, ist ungewiss. Auch die kaputte Scheibe im Wert von rund 150 Euro, die nicht von der Versicherung abgedeckt ist, kann er momentan nicht ersetzen. Yaşar N. verfügt über keinerlei finanzielle Rücklagen. Im Gegenteil: Für die nötige Renovierung und Ausstattung des erst Anfang November 2011 eröffneten Imbiss hat er sich mit mehreren tausend Euro verschuldet.

Auf Dauer wird er nicht in Mücheln bleiben. Zwar hat die Polizei mittlerweile umfängliche Maßnahmen zum Schutz des Imbiss getroffen. Doch die Angst vor einem erneuten Angriff bleibt, egal ob in Mücheln oder anderswo. Eine Perspektive als Imbissbetreiber ist für ihn momentan nicht vorstellbar. Sollte Yaşar N. keinen Nachmieter für den Imbiss finden, der auch die neugekaufte Einrichtung übernimmt, steht er vor dem finanziellen Ruin.

Die Mobile Opferberatung bittet daher um Spenden für den entstandenen finanziellen Schaden: als deutliches Zeichen der praktischen Solidarität mit der betroffenen Familie und als klares Signal an die Täter, dass rassistische Gewalt und die Verherrlichung der NSU-Morde nicht geduldet werden.

Spendenkonto
Kontoinhaber: Miteinander e.V.
Konto-Nr.: 53 53 53
Bankleitzahl: 810 205 00
Verwendungszweck: Angriff Mücheln