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Oberprex bleibt fest in rechter Hand

 

Zum „3. Tag der Freundschaft“ trafen sich rund 50 Neonazis in Oberprex; einem Ort, in dem Widerstand gegen Nazis bisweilen komplett ausbleibt © Jonas Miller

Es ist der Samstag der 9.Juni 2012. Seit mehreren Wochen werben Neonazis aus den Reihen des „Freien Netzes Süd“ (FNS) für den „3. Tag der Freundschaft“, den offiziell der „Deutsch-Böhmische Freundeskreis“ organisiert. Anders als in den letzten Jahren, in denen nur szeneintern und unter konspirativen Bedingungen für das Nazievent mobilisiert wurde, veröffentlichen die Organisatoren diesmal schon im Vorfeld den Veranstaltungsort Oberprex.

Oberprex gehört zur Gemeinde Regnitzlosau und zum Kreis Hof. Anfang 2010 erwarb die Mutter des derzeit inhaftierten FNS- Kaders Tony Gentsch aus Töpen (bei Hof) den seit Jahren leer stehenden „Gasthof zum Egerländer“. Gentsch war Aktivist des mittlerweile aufgelösten „Kampfbund Deutscher Sozialisten“, führender Aktivist des „Kameradschaftsbundes Hochfranken“ und bis zu seiner Inhaftierung presserechtlich verantwortlich für die Internetpräsenz des FNS. Das Anwesen in Oberprex ist mittlerweile die wichtigste Immobilie der Neonazis in Bayern.

Angemeldet hat das extrem rechte Treffen der FNS-Führungskader Norman Kempken aus Nürnberg. Auch die komplette Organisation übernehmen Neonazis aus Nürnberg und Fürth. Als Anti-Antifa Aktivisten treten die bekannten Neonazis Sebastian Schmaus, seines Zeichens Stadtrat der rassistischen „Bürgerinitiative Ausländerstopp Nürnberg“ (BIA), Michael R. und Kai-Andreas Zimmermann auf. Journalisten die sich dem Anwesen nähern werden akribisch abfotografiert und gefilmt. Die Polizei steht an jeder Zufahrtstrasse mit mindestens einem Mannschaftswagen und kontrolliert einzeln Fahrzeuge. Als Journalisten angehalten werden spricht eine Polizeibeamtin einen Platzverweis aus und droht damit sie in Gewahrsam zu nehmen, sollten sie sich noch weiter „provozierend auf und ab“ fahren. Erst auf Intervention des zuständigen Pressesprechers des Polizeipräsidiums Oberfranken wird dieser fatale Eingriff in die Pressefreiheit zurückgenommen.

Für den „3. Tag der Freundschaft“ hat Kempken 80 Teilnhemer angemeldet, knapp 50 Rechtsextremisten folgen dem Aufruf. Interessanterweise finden sich nur knapp zehn Neonazis aus Tschechien ein. Neben Lucie Šlégrova sind auch der angekündigte Liedermacher Ladislav Budz und der stellvertretende Parteivorsitzende Petr Kotab der „Delickna strana socialni spravedlnosti“ (DSSS- dt. „Arbeiterpartei für soziale Gerechtigkeit“) anwesend.

Aus Bayern sind u.a. der ehemalige Rechtsterrorist Karl-Heinz Statzberger aus Markt Schwaben, der Aktivist des „Deutsch Böhmischen Freundeskreises“ Robin Siener aus Cham und der angekündigte Redner, Matthias Fischer, aus Fürth. Auch aus Sachsen und Thüringen sind mehrere Neonazis angereist. Neben dem angekündigten Liedermacher „Torstein“ (Thorsten Hering) aus Sondershausen ist auch die Chemnitzer NPD-Stadträtin und „Ring nationaler Frauen“-Aktivistin Kathrin Köhler anwesend.

Die Organisatoren hängen überall Transparente (darunter „Nationaler Sozialismus durchsetzen und verteidigen“) auf, damit man keinen Blick auf die Nazifeier werfen kann. Auf dem Dach weht von weit her zu sehen die Fahne des ehemaligen Deutschen Reiches. Rund um das Gebäude sind rote Fahnen mit dem „Hammer und Schwert“; Symbol, welche die Volksgemeinschaft zwischen Arbeitern und Soldaten darstellen soll. Im Nationalsozialismus wurde das Zeichen in den Kreisen der „Schutzabteilung“ (SA) und als Gaufeldabzeichen der „Hitlerjugend“ (HJ) verwendet. Journalisten haben keinen Zutritt, da man laut dem Türsteher Zimmermann „schlechte Erfahrungen mit der Presse“ gemacht habe. Und so bleibt das Nazievent abgeschottet von jeglicher Öffentlichkeit.

Die Polizei selbst gibt keine Informationen darüber bekannt, ob sie die Veranstaltung auf volksverhetzende Reden oder Liedtexte prüft. Szenebeobachtern wie dem Journalisten „Thomas Kuban“ ist es zu verdanken, dass der Öffentlichkeit Aufschluss über solche Vorgänge auf Treffen der extremen Rechten verschafft wird. Matthias Fischer wurde beispielsweise dabei gefilmt, wie er bei einem Konzert des „Blood and Honour“ Netzwerks 2007 in Budapest den Hitlergruß zeigte, „Juden Raus“ schrie und „Sieg Heil“ skandierte. Mittlerweile ist der Dokumentarfilm „Blut muss fließen“ von Thomas Kuban erschienen.

Antifaschistische Gegenproteste blieben in Oberprex aus. Lediglich ein Gottesdienst in Regnitzlosau stand auf dem Programm. In einigen Teilen der Oberprexer Bevölkerung scheint der Gedanke weit verbreitet zu sein, dass Ignorieren das Beste wäre. Auch Journalisten werden gebeten das Thema nicht “aufzubauschen“. Wie etliche Beispiele aus allen Teilen der Republik zeigen, ist genau dieses ignorieren die Strategie, die den Neofaschisten am meisten in die Hände spielt. Im 140km entfernten Gräfenberg versuchten vor einigen Jahren die Neonazis um Matthias Fischer einen „Trauermarsch“ zum dortigen Kriegerdenkmal zu etablieren. Nur durch den energischen Protest von lokalen und überregionalen Antifaschisten ist es gelungen den extrem rechten Aufmärschen Einhalt zu gewähren. Nun ist die zivilgesellschaft gefordert auch in Oberprex aufzuklären und zu intervenieren, damit sich gewaltbereite Neonazis nicht wieder vollkommen unbehelligt treffen können um ihre menschenverachtende Ideologie zu verbreiten.

In der Nacht von Samstag auf Sonntag kam es außerdem zur Beschädigung eines gemeinsamen Plakats der „Aussteigerhilfe Bayern“ und „Exit“, das in Regintzlosau zum Protest gegen das Neonazi-Event befestigt worden war. Unbekannte Täter hatten das Plakat zerschnitten, das mit „Du findest keine Freiheit in den Ketten einer Ideoloige, die dich und deine Persönlichkeit einschränkt!“ beschriftet war.