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Weltpremiere oder Weltverschwörung: Die Compact Konferenz in Berlin

 

Fragwürdige Gesellschaft: Werbung für die Compact-Konferenz © Screenshot

Am Samstag, dem 24. November, findet in Berlin die „Souveränitätskonferenz“ der Zeitschrift Compact statt. Versprochen wird laut der Website des Magazins ein „Mega-Event“ mit groß angekündigter Prominenz, so tritt auch der Journalist und Nahost-Experte Peter Scholl-Latour als Redner auf. Dabei gerät in den Hintergrund, wie groß die Verstrickungen zwischen dem Magazin und der Neuen Rechten sind und wie sehr die anti-westliche Grundausrichtung der Zeitschrift auch Neonazis anziehen dürfte.

Auf der „deutsch-französisch-russischen“ Konferenz sollen Fragen nach der Souveränität Deutschlands („Wie wird Deutschland wieder souverän?“) und der deutschen Außenpolitik („Wie lange sollen wir noch für die USA in Kriege ziehen?“) diskutiert werden, auch von „Geheimverträgen“ ist die Rede. Der erste gemeinsame Auftritt des Staatsrechtlers Karl Albrecht Schachtschneider und Peter Scholl-Latour wird als „Weltpremiere“ beworben, es seien bis zu 800 Teilnehmende zu erwarten.

Doch das Compact-Magazin ist äußerst problematisch, sowohl was die inhaltliche Ausrichtung, als auch die adressierte Leserschaft angeht. Nach Eigendarstellung wollen das Magazin und dessen Macher Vorkämpfer gegen die im Land herrschende „Political Correctness“ sein und Widerstand gegen die „Neue Weltordnung“ leisten. Auch werden Zionismus und Faschismus ganz unverblümt gleichgesetzt und deutsche Konzentrationslager verharmlost: „Wer den Begriff ‚Konzentrationslager‘ auf die deutsche Vergangenheit beschränkt, wird die Realität von Abu Ghraib und Guantanamo nicht beschreiben können. Wer vom ‚Zionismus‘ nicht reden darf, muss auch vom Faschismus schweigen. Aber wir bei COMPACT lassen uns den Mund nicht verbieten.“

So wird dem Magazin in einer gemeinsamen Informationsbroschüre von ver.di-jugend und apabiz über rechte bis extrem rechte Zeitungen auch eine Art „Scharnierfunktion“ zwischen der extremen Rechten und Rechtskonservativen zugesprochen. Die Artikel werden in der Broschüre als häufig offen nationalistisch oder geschichtsrevisionistisch bezeichnet. In diesem Zusammenhang wird auch deutlich, wie die „Souveränitätskonferenz“ verstanden werden kann: Das Titelbild der zweiten Ausgabe zieren Bundeskanzlerin Merkel und US-Präsident Obama, dazu die Schlagzeile „Das besetzte Land“, der Mythos, dass Deutschland immer noch von den Alliierten besetzt sei, kursiert vor allem im Verschwörungstheoretiker- und Neonazi-Milieu. Es verwundert daher nicht, dass es für die anti-westliche und anti-amerikanische Ausrichtung („11. September: Das Dossier der Lügen“, „Netanjahu: Der Irre von Tel-Aviv“) auch Beifall von ganz rechtsaußen gibt: Mitte August lobte der NPD-Kreisverband Jena die Berichterstattung von Compact in der Syrien-Krise. Das Magazin wurde als „kritische Seite“ gelobt und für „Hintergrundinformationen“ empfohlen.

Dabei wolle Compact nach Eigendarstellung eigentlich „demokratische Linke und demokratische Rechte“ zusammenbringen, doch die Zeitschrift tendierte von Anfang an stark nach rechts. Schon das Cover der Nullnummer schmückte der in islamfeindlichen Kreisen beliebte Thilo Sarrazin und auch die eingeladenen Gäste zur Vorstellung des Magazins vor knapp zwei Jahren geben Grund zur Besorgnis. Zu Gast war unter anderem Dieter Stein, Chefredakteur der rechtskonservativen Jungen Freiheit, welche oftmals als „Brücke“ zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus bezeichnet wird. Für musikalische Untermalung sorgte bei der Vorstellung die „patriotische Rapperin“ Dee Ex, deren Musik in verschiedenen rechten Spektren gehört wird.

Besonders brisant aber sind die Äußerungen des Chefredakteurs, Jürgen Elsässer. Der ehemals linke Autor ist ein Verehrer des iranischen Präsidenten und Holocaustleugner Mahmud Ahmadinedschad und verklärte die „grüne Revolution“ nach der Wiederwahl Ahmadinedschads 2009 als Aufstand „Teheraner Drogenjunkies und Strichjungen des Kapitals“. Doch auch vor rassistisch anmutenden Aussprüchen schreckt der Compact-Chef nicht zurück, als Erklärung für die 4:4-Pleite der Fußballnationalmannschaft gegen Schweden führte Elsässer die „Vermischung“ von Völkern an: „Aber absolut TÖDLICH ist das Vermischen: Wenn den Deutschen ihr Fleiß und ihre Kampfkraft ausgetrieben werden soll – und die heißblütigen Südländer ans Kreuz der preußischen Arbeitsdiszplin geschlagen werden“. Zudem lobte der stellvertretende NPD-Vorsitzende Holger Apfel Jürgen Elsässer für dessen „Volksinitiative gegen das Finanzkapital“ und attestierte ihm „NPD-Positionen“.

Das Compact-Magazin und dessen Herausgeber lassen eine Distanzierung zur Neuen Rechten und extrem rechten Kreisen vermissen. Tatsächlich dürfte diese im Hinblick auf die gewollte Überschreitung der „Political Correctness“ nicht mal gewollt sein. Allerdings stellt sich die Frage, warum mit Willy Wimmer und Helmut Schäfer zwei ehemals hochrangige Politiker von CDU und FDP zugegen sein werden bzw. warum sich überhaupt jemand mit den Vertretern von Compact austauschen will. Eine Diskussion scheint überflüssig, wenn die genannten Feindbilder (Zionisten, Amerikaner) und Probleme (Vermischung von „Völkern“) eigentlich mit denen von Vertretern der neuen und extremen Rechten und bekennenden Neonazis übereinstimmen.