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„Bundesfamilienministerin Kristina Schröder hat gezeigt, auf wessen Seite sie nicht steht!“

 

Immer wieder zeigt die Zivilgesellschaft Flagge - doch 2014 könnten dank Bundesfamilienministerin Kristina Schröder rund 74 Prozent der Projekte vor dem Aus stehen: "Eine Katastrophe!"

Spätestens seit der NSU-Selbstenttarnung im November 2011 sollte auch dem letzten die Bedeutung von zivilgesellschaftlichen Initiativen klargeworden sein. Bis heute ist das aber bei der Bundesregierung und der für die Fördergelder zuständigen Ministerin Kristina Schröder (CDU) offenbar nicht angekommen. Dass Schröder alle Projekte gegen Rechts 2014 im Regen stehen lässt, sagt viel über die Bundesregierung und ihr Demokratieverständnis aus. Ein Kommentar.

Im September 2013 wird eine neue Bundesregierung gewählt, der Bundestag muss demnach neu zusammengesetzt werden. Aus diesem Grund wird es vermutlich erst im Frühjahr 2014 möglich sein, den Bundeshaushalt für das selbige Jahr zu verabschieden. Folglich ist die Finanzierung von Projekten gegen Rechts nicht frühzeitig genug gesichert, Initiativen werden auf dringend nötiges Geld verzichten müssen. Laut SPD-Bundestagfraktion könnten dadurch 74 Prozent der bisher bestehenden Projekte vor dem Aus stehen. Sein müsste das allerdings nicht. Hätte die zuständige Bundesfamilienministern Kristina Schröder gewollt, wäre es für sie ohne weiteres Möglich gewesen, entsprechend auf den Haushalt einzuwirken – immerhin hat sie innerhalb der Bundesregierung und der CDU/CSU-Fraktion als Ministerin eine bedeutende Position inne. Und als zuständige Ministerin hat sie weiterhin sicherlich auch Einfluss auf die Gelder, die ihrem Ministerium zur Verfügung stehen. Doch die Bundesfamilienministerin wollte eben nicht, Projekte gegen Rechts hält sie scheinbar für irrelevant – und auch die Verteidigung der Demokratie scheint ihr nicht so wirklich wichtig zu sein.

Bei Kristina Schröder überrascht das natürlich nicht. Zu oft ist die Bundesfamilienministern schon mit bemerkenswerten Äußerungen und Projekten aufgefallen. Beispielsweise mit ihrer ununterbrochenen Gleichsetzung von „Linksextremismus“ mit „Rechtsextremismus“, die sich alleine schon darin zeigt, dass die Bundesfamilienministerin immerzu von „Extremismus“ sprach und damit zumindest indirekt vom „Linksextremismus“ in der selben Kategorie wie  „Rechtsextremismus“ sprach. Zudem behindet sie mit ihrer Extremismusklausel unzählige Projekte, die sich für Demonkratie und Toleranz einsetzen, indem sie sie mit Misstrauen überzieht und eine Prüfung auf verfassungstreue verlangt. Aber das Engagement gegen Rechts ist Frau Schröder offenbar ohnehin nicht so wichtig. So thematisierte sie zu Beginn ihrer Amtszeit zum Beispiel eher die sogenannten „Deutschenfeindlichkeit“ oder unterstützte vor nicht allzu langer Zeit noch eine durchaus umstrittenen Broschüre zum Thema „Linksextremismus“, in der unter anderem die Zeitung „Neues Deutschland“ als linksextremistisches Medium aufgeführt wird. Eigentlich schien für Schröder lange Zeit über vieles schlimmer zu sein, als Neonazismus.

Und nahtlos in dieses Bild passt eben auch das jetzige Verhalten von Schröder. Sicher ist: eine vorrübergehende Erhaltung der Finanzierung der Projekte wäre ohne weiteres möglich gewesen, der Bundeshaushalt wäre daran bestimmt nicht zerbrochen. Denn jeder weiß heute um die Bedeutung von zivilgesellschaftlichen Initiativen, zumal die Behörden oder gar die Bundesregierung nur ganz selten mal einen Finger gegen Neonazis rührt.

Wie soll es also weitergehen? Wie soll die Demokratie effektiv gegen Neonazis verteidigt werden, wenn eine immense Vielzahl von Projekten vor dem Ende stehen und man zudem nicht auf Behörden vertrauen bzw. hoffen darf? Wie bitte? Neonazis setzen sich fest, attackieren all jene, die nicht in ihr Weltbild passen, etablieren sogenannte „national-befreite Zonen“ und schaffen Angsträume für demokratische Bürger. All das passiert heute, hier und jetzt – ein Jahr nach dem NSU genauso wie davor. Es hat sich nicht viel geändert, auch bei den Behörden nicht. Getan wird es dann was, wenn es längst zu spät ist. Zivilgesellschaftliche Initiativen, die Opfern rechter Gewalt helfen, die Neonazi-Propaganda etwas entgegensetzen, sie bekämpfen und Nazis aus den Dörfern/Städten vertreiben, sind deshalb unerlässlich. Und um diese Arbeit – die letzten Endes nicht mehr ist, als die Verteidigung einer toleranten und demokratischen Gesellschaft – zu bewerkstelligen, benötigt man nun auch mal Geld. Ohne geht es nicht.

Dass die CDU/CSU und FDP dem Haushalt jetzt auch noch zugestimmt haben, sagt außerdem einiges über die Koalitionäre aus. Die Bundesregierung fordert zwar völlig zu Recht immer zum Engagement auf und ermutigt zur Zivilcourage. Doch mehr auch nicht, eine Unterstützung für zivilgesellschaftliche Initiativen war schon immer zu vermissen. Und wenn jetzt auch noch 74 Prozent der Projekte gegen Rechts gefährdet sein könnten, ist das desaströs. Denn jede einzelne Initiative ist wichtig für die Demokratie – und der Verlust jeder einzelnen ist folgerichtig fatal für die Demokratie und eine enorme Gefahr. Dass das auch nach dem NSU noch passiert, ist katastrophal – wobei selbst dieses Wort noch verharmlosend ist – und zeigt erneut, dass keinerlei Lehren gezogen wurden. Und für alle Folgen, die daraus resultieren können, ist dann Schwarz-Gelb – vertreten durch Frau Schröder – persönlich verantwortlich. Aber die CDU-Ministerin hat dadurch zumindest eines gezeigt: Auf wessen Seite sie nicht steht. Und zwar auf der, der demokratischen Zivilgesellschaft…

(Die usprüngliche Version dieses Artikels wurde am Samstag, den 1. Dezember, geändert. )