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Göppingen: 140 für „Volk, Rasse und Nation“

 

Ein Polizist sichert die Versammlung der Rechtsextremisten © Jonas Miller

Knapp 140 Neonazis marschierten am Samstag, den 12. Oktober, durch Göppingen in Baden-Württemberg. Die Stadt hatte erfolglos versucht, den Aufmarsch verbieten zu lassen. Bei Versuchen den Aufmarsch zu stoppen, kam es zu mehreren verletzten Antifaschisten und etlichen Festnahmen. Die Neonazis hetzten in gewohnt rassistischer Manier, konnten allerdings nicht die komplette Strecke laufen.

 Knapp 2000 Polizisten sollen im Einsatz gewesen sein. Neben Pferdestaffeln, Spezialeinheiten und Wasserwerfern, waren auch 2 Polizeihelikopter im Einsatz, um einen störungsfreien Ablauf des rechten Aufmarsches zu gewährleisten. Anders als im letzten Jahr riegelte die Polizei einen Großteil der Aufmarschroute hermetisch ab und verdeckte die Sicht mit einem durchgängigen Sichtschutz. Trotz des großen Aufgebotes an Polizeikräften, gelang es nicht, Störungen schon im Vorfeld des Aufmarsches zu verhindern. So kam es zu einer Zugblockade, infolge derer etliche Neonazis zu spät zum Aufmarsch erschienen.

Die Resonanz auf Seiten der Neonazis fiel dabei ähnlich aus wie im letzten Jahr, knapp 140 Rechte fanden den Weg nach Göppingen. Die Versammlungsleitung, inklusive Ordner, setzte sich vor allem aus Baden- Württembergischen, bayerischen und Rheinland- Pfälzischen Neonazis zusammen. Zu nennen sind u.a. Sebastian B. (Speyer), Daniel R. (Göppingen), Daniel G. (Dortmund), Walter Strohmeier (Viechtach), Thorsten M. und Michael Kastner (Raum Platting).  Auch weitere bekannte Neonazis, wie der szeneintern sehr umstrittene Michael F. (Tannroda), Christoph D. (Dortmund) und Rene S. (Esslingen) waren anwesend. Aus den Reihen des bayerischen Kameradschaftsdachverband „Freies Netz Süd“ (FNS) beteiligten sich der Rechtsterrorist Karl- Heinz Statzberger (Markt Schwaben), Vanessa Becker (München), und der Anti- Antifa Fotograf Stefan Friedmann (Bad Wörishofen).

Mit Transparenten wie „Europa erwache“ und „Der dritte Weg- Nationaler Sozialismus“ zogen die Neonazis durch menschenleere Straßen. Sie brüllten dabei unter anderem die Parolen „Nationaler Sozialismus jetzt“, „Arbeitsplätze zuerst für Deutsche“ und „Hier marschiert der Nationale Widerstand“. Bei der ersten und einzigen Zwischenkundgebung sprach ein Neonazi, der als „griechischer Kamerad“ vorgestellt wurde. „Wir kämpfen für Nationalsozialismus, wir kämpfen gegen Kommunismus und Kapitalismus“ schrie er ins Mikrofon, die versammelten Neonazis antworteten mit „Alles für Volk, Rasse und Nation“ Sprechchören.
Auch der bundesweit bekannte Nazikader Dieter Riefling (Hildesheim) sprach seine „vollste Solidarität“ für die in Griechenland verhafteten Mitglieder der griechischen Neonazipartei „Chrysi Avgi“ (Goldene Morgenröte) aus, gegen die nach dem Mord an dem linken Rapper Pavlos Fyssas ermittelt wird. Eine Solidarität, die auch andere anwesende Neonazis mit „Chrysi Avgi“- Mützen ausdrücken.

Zudem hetzte er gegen „Art- und Kulturfremde“, denen in Deutschland „der Arsch“ gepudert wird.
Auch, der aus der Schweiz angereiste, Philippe Eglin, gab sich betont antisemitisch, in dem er von „ein paar wenigen Nasen“ sprach, die „die ganzen Schulden auf der Welt kontrollieren“.
Bei der Abschlusskundgebung sprach der Funktionär der „Bürgerinitiative Ausländerstopp München“, Roland Wuttke (Mering), der auch das Lautsprecherfahrzeug fuhr. Er verherrlichte den Nationalsozialismus als „großartigen Befreiungsakt“, welcher eine „ungeheure Produktivität in allen Bereichen der Kunst, der Kultur, der Sozialpolitik, der Eigentumspolitik und der Technik “ brachte.
Der einst angekündigte, baden- württembergische NPD- Landesvorsitzende, Alexander Neidlein (Gatsenfelden), trat nicht als Redner auf und beteiligte sich auch nicht an dem Aufmarsch.

Nazigegner übten im Nachhinein große Kritik an der Polizei. So soll die Polizei „gezielt auf Köpfe“ geschlagen und massiv Pfefferspray eingesetzt haben. Ebenfalls habe die Polizei Demonstranten den Zugang zu angemeldeten Kundgebungen verwehrt. Zudem wurden Teile der Innenstadt in Göppingen komplett gesperrt, um einen Gegenprotest in Hör- und Sichtweite zu verhindern. Das Bündnis „Nazis stoppen“ wertete den Tag „trotz der Polizeigewalt“ als Teilerfolg. Schließlich musste die geplante Strecke für den Aufmarsch aufgrund der Gegenproteste gekürzt werden.
Auch die Polizei ist zufrieden, gab ein Polizeisprecher zu Protokoll. Es gab „keine großen Zusammenstöße zwischen Rechten und Gegendemonstranten“. Allerdings zählt die Polizei sieben verletzte Beamte.
Göppingen wird vermutlich auch im nächsten Jahr nicht verschont bleiben. Neonazis kündigten noch am selben Tag an, in einem Jahr wieder in Göppingen aufmarschieren zu wollen.

Eine Bilderstrecke zum Naziaufmarsch folgt.