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RechtsRock im Eichsfeld: „…diese Homos aus der deutschen Politik jagen…“

 

RechtsRock 2014 im Eichsfeld
RechtsRock 2014 im Eichsfeld

Rund 400 Neonazis feierten am Samstag bei RechtsRock und politischen Reden im thürngischen Leinefelde beim „Eichsfeldtag“ der NPD. Gleichzeitig demonstrierten rund 400 Menschen aus verschiedenen Gruppen gegen das Event.

 von Felix M. Steiner

Seit 2011 findet nun im Eichsfeld in Thüringen das maßgeblich von Thorsten Heise verantwortete RechtsRockOpen Air „Eichsfeldtag“ statt. Zu Hochzeiten reisten fast 1.000 Neonazis nach Thüringen, um bei extrem rechter Musik, politischen Reden und alkoholfreiem Bier zu feiern. Doch seit Jahren sinken auch beim Rechtsrock im Eichsfeld die Teilnehmerzahlen. Schon im vergangenen Jahr waren nur noch rund 400 extrem Rechte nach Leinefelde gekommen. Diese Zahl blieb stabil, stabil auf niedrigem Niveau. Verkaufsstände, Informationsstände extrem rechter Initiativen und eine Hüpfburg für die Kinder bildeten wie jedes Jahr die Kulisse auf dem Sportplatz in Leinefelde – ein echtes Familienevent. Neben den Bands und anderen Musikern redeten Wolfgang Juchem, Thorsten Heise und der NPD-Spitzenkandidat zur Europawahl, Udo Voigt.

„…diese Homos aus der deutschen Politik jagen…“

Bereits Voigts Ankunft kommt in ihrer merkwürdigen Inszenierung dem Weg eines Boxers zum Ring gleich. Vorweg ein Fahnenträger mit einer Flagge in den Reichsfarben. Mittig ist ein Bild von Voigt aufgedruckt: „Freundeskreis Udo Voigt – Einigkeit macht stark!“, die Groupies des Altvorsitzenden. Während Voigts Rede wird ein junger Mann die Fahne im Hintergrund still und stumm halten. Als Thorsten Heise Voigt ankündigt wird dieser gleich wieder zum „zukünftigen Parteivorsitzenden der NPD“ und nicht nur zum Spitzenkandidaten der Europawahl gemacht. Voigt weiß, wer hier vor ihm sitzt und so ist seine Rede deutlich: „Die NPD ist hier wirklich einzigartig in der deutschen Parteiengeschichte, die hier eine klare deutsche Aussage bringt: Wir brauchen nicht noch mehr Alis, Mehmets und Mustafas in Deutschland, wir brauchen deutsche Kinder“. Auf dem Sportplatz in Leinefelde dürfte an diesem Tag ein derartiger Satz vielen wohl noch nicht mal besonders radikal erscheinen. Doch Voigt belässt es nicht nur bei rassistischen Aussagen. Bereits die letzten Tage hatte der Sieg von Conchita Wurst beim ESC in extrem rechten Netzwerken zu wahren Hasstiraden geführt. Voigt scheint in seiner Rede eben auf jene Auswüchse reagieren zu wollen: „Wir müssen heute nicht nur den Teufel aus der Hölle schlagen, wir müssen diese homophiben [wohl homophilen], diese Homos aus der deutschen Politik jagen“. Doch auch während Voigts Rede zeigt sich deutlich, dass die meisten Neonazis wohl kaum für die Reden nach Leinefelde gereist sind: Erst später, als die Bands zu spielen beginnen, versammelt sich die Mehrzahl der extrem Rechten vor der Bühne.

Im nächsten Jahr findet das Neonazi-Spektakel dann ein halbes Jahrzehnt statt. Auch im Eichsfeld hat sich somit ein RechtsRock-Event etabliert.

Gegen Nazis, Gegen Homophobie, Gegen den „Eichsfeldtag“

Gegen 17.00 Uhr beginnt am internationalen Tag gegen Homo- und Transphobie die Demonstration der Neonazi-Gegner am Bahnhof in Leinefelde. Rund 400 Menschen aus Thüringen, Niedersachsen und Hessen sind nach Leinefelde gekommen, um zu zeigen, dass ein derartiges Neonazi-Event nicht unwidersprochen bleibt. Die Gegendemonstration besteht aus einem breiten Spektrum von Gewerkschaften, antifaschistischen Gruppen, Bündnissen und Parteien. Ein antifaschistischer Queer-Block steht in Leinefelde am Samstag für die Rechte von Homosexuellen und Transgender. Wie schon in den letzten Jahren kommt es auch diesmal am Rande der Demonstration immer wieder zu Provokationen von Neonazis und Anwohnern. Kurz vor Erreichen des Festivalgeländes provozieren mehrere Neonazis am Rande der Demonstration. Einer der Provokateure wird später beim „Eichsfeldtag“ auf der Bühne noch ein Geschenk überreicht bekommen. Und auch auf dem Rückweg der Demonstration kommen Neonazis immer wieder nah an den Protestzug heran. Viele Teilnehmer sind empört über das Umfeld und die Reaktionen an diesem Tag in Leinefelde. Schon im vorletzten Jahr war es aus einem Wohnblock am Rande der Demonstrationstrecke zu einem Hitlergruß gekommen, auch in diesem Jahr wird sich das Szenario wiederholen.