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Goldrausch bei der Neuen Rechten

 

Auf dem AfD-Bundesparteitag 2015 verkaufte die Partei noch Goldbarren mit Autogrammen der damaligen Sprecher Frauke Petry (l) und Bernd Lucke. © Ingo Wagner/dpa
Auf dem AfD-Bundesparteitag 2015 verkaufte die Partei noch Goldbarren mit Autogrammen der damaligen Sprecher Frauke Petry (l) und Bernd Lucke. © Ingo Wagner/dpa

Der Untergang des Euro kommt bestimmt, sagen Vertreter der deutschen „Edelmetallszene”. Mit dem Kauf von Gold und Silber bereiten sie sich auf das angebliche Ende unserer Währung vor – mit dabei sind konservative Bürger, Verschwörungstheoretiker und Rechtspopulisten.

Von Paul Starzmann

Die Alternative für Deutschland (AfD) ist politisch im Aufwind, finanziell aber hat sie einen Rückschlag erlitten: Der Bundestag hat der Partei Ende 2015 verboten, ihren Haushalt durch den Handel mit Goldmünzen aufzubessern. Dass die AfD bei der Finanzierung durch ihre Anhänger bislang auf kostbare Metalle setzte, kommt nicht von ungefähr – seit ihrer Gründung im Jahr 2013 fordert die Partei das Ende des Euro, ihre Mitglieder haben kein Vertrauen in die europäische Gemeinschaftswährung. In Sorge um ihren Wohlstand investieren manche lieber in Gold und hoffen so, eines Tages gut dazustehen, sollte die Eurozone auseinander brechen und unser Geld an Wert verlieren. Anhand solcher Szenarien bewerben Fachhändler auf einschlägigen Tagungen und Messen ihr Edelmetall als sichere Anlage. Mit von der Partie in der „Goldszene” sind Rechtspopulisten, Islamhasser und Verschwörungstheoretiker, die den Untergang des Abendlands heraufbeschwören.

Die Bürgerinitiative „Holt unser Gold heim!” schlägt dabei eine Brücke zwischen dem bürgerlichen Milieu und dem rechten Lager: Ihre Organisatoren wünschen sich an Stelle des Euro eine neue, nationale Währung. Dafür soll der Goldstandard wieder eingeführt werden, der nominelle Wert des zukünftigen Geldes soll durch die Goldbestände der Bundesrepublik gedeckt sein – eine Praxis, die von den meisten Staaten in Folge der Weltwirtschaftskrise bereits vor dem Zweiten Weltkrieg aufgegeben wurde. Für die neue Währung, so die Forderung der Initiative, müsse zunächst sämtliches im Ausland gelagerte Gold der Bundesbank überprüft und schnell nach Deutschland verbracht werden; insgesamt über 2.000 Tonnen aus Tresoren in Frankreich, Großbritannien und den USA. Zu den nach eigenen Angaben mehr als 15.000 Unterzeichnern der Initiative gehören der bayerische Steuerzahlerbund, der FDP-Politiker Frank Schäffler sowie der ehemalige BDI-Chef Hans-Olaf Henkel. Unterstützung kommt auch von rechts außen, z.B. von der Europa-Abgeordneten Beatrix von Storch (AfD) und ihrem Verein „Zivile Koalition” sowie der Zeitschrift eigentümlich frei, die marktradikale Positionen vetritt und der Neuen Rechten nahe steht. Zusammen macht man sich stark für eine Renationalisierung der Finanzpolitik in Europa.

Einer der Begründer der „Heimhol-Aktion”, der Vermögensberater Peter Boehringer, interessiert sich seit Langem für teure Metalle und schreibt für den „Goldseitenblog”, der Informationen rund um Gold und Silber anbietet. Aus seinen gesellschaftspolitischen Ansichten macht der AfD-Mann im Internet keinen Hehl: Die vermeintliche „kulturelle Überfremdung durch Wirtschaftsflüchtlinge” sieht er als das „größte und drängendste deutsche Problem”. In seinem Blog warnt er vor angeblichen Gefahren durch den Islam und einer „Umvolkung” unseres Landes durch Migranten. Vor zehn Jahren gründete Boehringer die Deutsche Edelmetall-Gesellschaft, eine Lobby-Gruppe, die eine Abschaffung der Umsatzsteuer auf Gold und Silber fordert und sich einreiht in die Bürgerinitiative zur Rückführung des deutschen „Auslandsgolds”. Auf einer Münchner Rohstoffmesse im November 2015 verlieh der Verein den Preis der Deutschen Edelmetall-Gesellschaft an einen prominenten Vertreter der Neuen Rechten: den Publizisten und Gold-Experten Bruno Bandulet, der im rechts-esoterischen Kopp-Verlag veröffentlicht – darunter Titel wie „Das Geheimwissen der Goldanleger” oder das geschichtsrevisionistische Buch „Als Deutschland noch Großmacht war”.

An der Person Bandulet lässt sich die Verbindung zwischen rechts-konservativ und ganz rechts in der „Edelmetallszene” verdeutlichen: Er war bei der Tageszeitung Die Welt, Mitarbeiter von Franz Josef Strauß und schreibt heute u.a. über Finanzthemen für die neu-rechte Wochenzeitung Junge Freiheit. In den 90er Jahren engagierte er sich für den „Bund Freier Bürger” (BFB), eine deutsche Kleinpartei, die Jörg Haiders FPÖ zum Vorbild hatte, zeitweise wegen rechtsextremer Tendenzen vom Verfassungsschutz beobachtet wurde und als Vorläuferorganisation der AfD angesehen wird. Schon 1995 kämpfte der BFB gegen die europäische Wahrungsunion und setzte sich für den Erhalt der D-Mark ein. Heute gilt Bruno Bandulet, der einstige Unterstützer der rechten Kleinpartei, bei seinen Lesern und Anhängern in der „Goldszene” als Vordenker.

Die Forderung Bandulets und seiner Mitstreiter nach Überprüfung und rascher Rückführung aller im Ausland gelagerten deutschen Goldbarren hat auch Unterstützer im Parlament: Ende 2010 stellte der damalige CSU-Abgeordnete Peter Gauweiler eine schriftliche Anfrage an die Bundesregierung, in der er sich nach dem deutschen Gold im Ausland erkundigte. Zusammen mit einigen Unionskollegen forderte er in den vergangenen Jahren immer wieder dessen zügige Überführung nach Deutschland. Auch der Bundesrechnungshof schaltete sich ein und verlangte 2012 eine Inventur der deutschen Goldreserven, die von der amerikanischen Fed in New York verwahrt werden. Die Bundesbank zeigte sich genervt von Spekulationen, das Gold im Ausland sei womöglich gar nicht mehr vorhanden. Die mangelnde Transparenz der Banker aber fachte entsprechende Verschwörungstheorien weiter an.

Inzwischen ist es ruhiger geworden um das Thema: Die Bundesbank willigte ein, bis zum Jahr 2020 Teile des Golds unter hohen Sicherheitsvorkehrungen schrittweise nach Frankfurt zu überführen. Im Juni 2014 erklärte die Große Koalition zugleich, der US-Standort für die Lagerung des Golds bleibe erhalten. Lediglich die Hälfte des deutschen Milliardenschatzes will man nach den Plänen der Bundesbank zukünftig im heimischen Depot verwahren, der Rest verbleibt in New York und London. Eine komplette Überführung aller Goldbarren aus dem Ausland ist damit vom Tisch, die „Heimhol”-Bürgerinitiative liegt erst einmal auf Eis. Dass das Thema allerdings im Haushaltsausschuss des Bundestags diskutiert wurde und den Bundesrechnunshof beschäftigte, können die Initiatoren und Unterstützer von „Holt unser Gold heim!” als Erfolg verbuchen.

Selbstverständlich bei Weitem nicht jeder, dem der Glanz von Gold gefällt, oder wer sein Vermögen in Silber anlegt, steht der AfD nahe oder ist rechts motiviert. Bei manchen Lobbyisten der „Goldszene”, den Publizisten und einschlägigen Internetseiten ist die Verbindung ins rechte Spektrum jedoch auffällig. Nicht nur D-Mark-Nostalgie und Euro-Kritik sowie die nationale Ausrichtung ihrer Positionen teilen sie mit der AfD. Die Einträge der Blogs und Internetforen, in denen sich viele Gold-Fans austauschen, erinnern bisweilen an die Parolen von Pegida und Co: Der Anspruch, auf der Basis von angeblichem Geheimwissen die vermeintlich unterdrückte Wahrheit zu vertreten, ihr Misstrauen gegenüber Politikern und Journalisten sowie Ressentiments gegen Muslime und Migranten.

Wenn es darum geht, bares Vermögen in Gold und Silber zu investieren, sind naturgemäß wohlhabende, bürgerliche Kreise aus der Mitte der Gesellschaft angesprochen. Da aber bekanntlich nicht alles Gold ist, was glänzt, sollte man nicht übersehen, dass unter den Lobbyisten der Edelmetallbranche mitunter auch Akteure vom rechten Rand mitspielen.