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Antisemitische Hetze beim Brandenburg Derby

 

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Erstmals trafen die Vereine FC Energie Cottbus und SV Babelsberg 03 in einem Liga-Spiel aufeinander. Nicht nur wegen der geographischen Nähe hatte dieses Spiel eine besondere Bedeutung, denn die beiden Fankurven tragen vor allem einen politischen Konflikt aus. Die als antifaschistisch geltende Fanszene des SV Babelsberg 03 wurde am Samstag von Neonazis angegriffen und mit antisemitischen Parolen belegt. Neonazis aus der Region und darüber hinaus waren angereist, um sich diesem Treiben anzuschließen.

Von Robin Dullinge

Ein Angriffsversuch und antisemitische Parolen

Schon bei der Ankunft in Cottbus zeigte sich das Weltbild von Teilen der Cottbuser Fanszene. Auf der gesamten Marschroute zum Stadion waren antisemitische und neonazistische Parolen wie „Juden 03“, „Energie den Deutschen“ und „Nazihools Energie“ zu sehen. Auf der Stromstraße Ecke Parzellenstraße gab es einen koordinierten Angriffsversuch mit Pyrotechnik auf die Babelsberg-Fans, die sich zu diesem Zeitpunkt auf der Brücke des Stadtrings befanden. Unter den Angreifenden befanden sich größtenteils Neonazis der Hooligan Gruppe „Inferno Cottbus“, die derzeit ein Auftrittsverbot im Cottbuser Stadion hat. Auf ihrer Facebook-Seite teilte die Gruppe am Sonntag ein Bild, dass offenbar vor dem Angriff entstand. Es zeigt wie sie vor einer Kneipe in der Parzellenstraße stehen.

Die Angreifenden äußerten dabei antisemitische Parolen. Mehrfach brüllten sie „Arbeit macht frei, Babelsberg 03!“. Entsprechend einem Banner, dass die Neonazis schon beim ersten Aufeinandertreffen der Vereine im Pokal am 15. April 2015 zeigten, riefen sie auch: „Zecken, Zigeuner, Juden!“. Unter anderem wurde dabei auch mehrfach der Hitlergruß gezeigt. Die Polizei war in der Straße zahlenmäßig kaum vertreten, filmte jedoch die Neonazis als diese den Ort des Geschehens verließen.

Regionale Mobilisierung zum Spiel

Unter den Angreifenden, die sich später vor allem im Block E des Cottbuser Stadions‘ wiederfanden, waren diverse Akteure der rechten Szene. Das Spiel hatte offenbar einen so hohen Stellenwert, dass sich auch Christoph Drewer, stellvertretender Bundesvorsitzender der neonazistischen Partei „Die Rechte“ aus Dortmund dorthin begab. Seine Kontakte bestehen vor allem nach Chemnitz, zum sogenannten „Rechten Plenum“. Selbst scheint er regelmäßig zu Spielen des Chemnitzer FC zu fahren. Drewer zeigt sich dort meist im Kreis der Gruppe „Kaotic Chemnitz“, ist auf Fotos der Gruppe bei Facebook zu sehen. Für enge Kontakte dort spricht auch, dass sich es Überschneidungen in den Personalien vom „Rechten Plenum“ und „Kaotic Chemnitz“ gibt, was kürzlich durch ein umfangreiches Outing bekannt wurde.

Außerdem hat sich zwischen großen Teilen der Fanszene von Cottbus und Chemnitz ohnehin eine feste Freundschaft entwickelt, vor allem weil sich die Gruppen politisch nahe stehen. So bedankt sich beispielsweise die Gruppe „WK13 Boys Cottbus“ auf Facebook bei „Chemnitz für den Besuch“. In der dazugehörigen Collage wird zu dem ein Bild von einer T-Shirt Aktion gezeigt, die von den Neonazis aus dem Block E während des Spiels zu sehen war. Somit lässt sich auch hier mindestens eine Nähe von den „WK13 Boys Cottbus“ zu Neonazis erkennen.

Extrem rechte Normalität

screenshot_wk_13_boysDass sich Energie Cottbus nun auch offiziell zu den Vorfällen, insbesondere im Block E geäußert hat, aber dabei nur von „vereinzelt rechtsgesinnten Parolen“ Parolen spricht, lässt vermuten, dass der Vereinsführung ein größeres Bewusstsein für die Situation fehlt. Denn nicht nur bei den militanten Neonazis im Block E kam es zu extrem rechten Äußerungen. Auch aus dem organisierten Fanblock, in dem die extrem rechte Gruppe „Collettivo Bianco Rosso“ den Ton angibt und den Vorsänger stellt, gab es beispielsweise homophobe Rufe in Richtung der Fans des SV Babelsberg. „Schwule, Schwule, Schwule“ und „Macht die Zecken platt“ wurde dort mehrfach angestimmt. Diese Gesänge waren auch bis zum Gästeblock zu hören und wurden von einer Mehrheit der Cottbuser Fanszene getragen.

Zu dem wird die führende Ultragruppe „Collettivo Bianco Rosso“ auch offen von der Gruppe „New Society screenshot_new_society_2004Chemnitz“ („NS Chemnitz“) bei Facebook beworben. Als „schickes Video“ bezeichnen die Neonazis das Mobilisierungsvideo von Collettivo. Im Video wird die Entführung eines SV Babelsberg Fan inszeniert, darüber hinaus ist der Clip an die homophoben Provokationen im Vorfeld angelehnt. Außerdem stehen Teile der Gruppe mit der organisierten Kriminalität in Verbindung. Im Dezember 2015 traten Mitglieder von „Collettivo Bianco Rosso“ in einem Video der Rocker-Gruppe „Gremium MC Spremberg“ auf. Der Zusammenschnitt lässt erahnen, wie militant und straff organisiert die extrem rechten Kräfte in diesen Zusammenhängen sind.

Dementsprechend ist es nicht mit einer öffentlichen Verurteilung der Vorkommnisse in Block E getan, denn die Probleme innerhalb der Fanszene des FC Energie Cottbus haben sich längst deutlich verschärft. „Inferno Cottbus“ ist dabei nur die Spitze des Eisberges.