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„White Rex“-Kampfsporttraining mit russischem Neonazi

 

Gruppenbild mit Denis Nikitin. Screenshot der Facebookseite der „JN Niedersachsen“.

Der russische Neonazi-Hooligan Denis Nikitin gilt nicht nur in Russland als eine der wichtigsten Szene-Größen. Regelmäßig ist er auch in Deutschland aktiv und unterstützt hier mit seiner Marke „White Rex“ Veranstaltungen. Am vergangenen Samstag trainierte er die Partei-Jugend der NPD-Niedersachsen. Darunter auch bekannte Gewalttäter.

Am vergangenen Samstag fand laut der NPD-Jugendorganisation „JN Niedersachsen“ angeblich „in Braunschweig“ ein konspirativ organisiertes „Kampfsportseminar“ statt. Tatsächlich fand das Seminar allerdings in der Sporthalle der Gemeinde Cremlingen (Landkreis Wolfenbüttel) statt, die vom JN-Aktivist Felix Hauschild angemietet wurde. Auf einem im Internet veröffentlichten Gruppenfoto der Veranstaltung posieren knapp 30 Personen – bis auf eine Frau sind es überwiegend junge Männer. Mittendrin steht Denis Nikitin – „Neonazi, Hooligan und Geschäftsmann“ (VICE Magazin) aus Moskau. Mit der Kampfsportmarke „White Rex“ hat sich Nikitin, der fließend deutsch spricht, in Russland ein kleines Imperium aufgebaut.

„Turniere für rechtsextreme Schläger“

Das Label „White Rex“ vertreibt T-Shirts, Sportkleidung und allerlei Merchandise, meist mit einschlägiger neonazistischer Symbolik. Im Sortiment gibt es auch handgeschmiedete Äxte, die mit dem Slogan „Survival of the fittest“ beworben werden. Nicht nur in Russland, sondern inzwischen auch in mehreren europäischen Städten tritt „White Rex“ als Organisator oder Sponsor von neonazistischen Kampfsportevents auf. Der Rechtsextremismusforscher Robert Claus bezeichnet diese in seinem Buch „Hooligans – Eine Welt zwischen Fußball, Gewalt und Politik“ als „Turniere für rechtsextreme Schläger. In Deutschland sponserte „White Rex“ zuletzt den „Kampf der Nibelungen“, ein maßgeblich von „Hammerskins“ organisiertes Kampfsporturnier, dass am 14. Oktober 2017 in Kirchhundem (NRW) mit rund 700 Zuschauern aus der Neonazi-Szene stattfand.

Veranstaltungen, wie der „Kampf der Nibelungen“, so der Rechtsextremismusforscher Claus in einem SPIEGEL-Interview, seien ein „Kontakthof“ für „Verbindungen zwischen Hools und Nazis“ und schaffen eine „Eventkultur für Leute, die sich als Herrenrasse sehen“. Nikitin selbst, so mutmaßt der Schweizer TagesAnzeiger, „sei wohl der Anführer einer Gruppe russischer Hooligans“ gewesen, die „im letzten Sommer an der Europameisterschaft in Marseille Jagd auf Engländer gemacht und mehrere schwer verletzt“ hätten.

Kampftraining für verurteilten Nazischläger

Pierre B. posiert auf Bildern bei Facebook vermummt als „FrontGermane“

Am Samstag trainierte Nikitin, der sich immer wieder in Deutschland aufhält, nun den Nachwuchs der niedersächsischen NPD in diversen Kampftechniken. Auf dem Gruppenfoto zu sehen ist auch der Braunschweiger Pierre B. Der 27-Jährige saß in den letzten Jahren bereits zweimal mit dem Vorwurf der schweren bzw. gefährlichen Körperverletzung in U-Haft. Zweimal wurde er zu einer Haftstrafe verurteilt – beide Male wurde sie zur Bewährung ausgesetzt. Pierre B. hatte im Februar 2016 zwei Schüler eines Braunschweiger Gymnasiums angegriffen und so brutal auf einen der beiden eingetreten, dass dieser einen doppelten Kieferbruch erlitt. In Thüringen suchte die Polizei nach dem dort offensichtlich unbekannten Neonazi mit einem öffentlichen Fahndungsaufruf, weil er verdächtigt wurde, Polizisten bei einem Aufmarsch von Neonazis am 1. Mai in Erfurt attackiert zu haben. Zuletzt hat Pierre B. im Juni in Braunschweig mehrere Personen beleidigt und mit Steinen angegriffen. Nicht nur bei Aufmärschen von Neonazis ist der Bodybuilder und Kickboxer mit dabei, auch an Veranstaltungen der AfD und der „Jungen Alternative“ hat Pierre B. mehrmals teilgenommen, so z.B. bei einer Demo der „Jungen Alternative“ in Peine oder zuletzt bei einer Veranstaltung der AfD zur Bundestagswahl im Oktober in der Braunschweiger Stadthalle.

Gewalt, Hass und völkischer Körperkult

Werbung mit T-Shirts von „White Rex“ für die Band „You must murder“.

Welch mörderische Gedankenwelt in den Köpfen der Neonazis herrscht, zeigen die Texte von Bands wie „You musst murder“, einer russische NS-Hardcore-Band, deren T-Shirts auch von „White Rex“ vertrieben werden. Auch Pierre B. zeigte bei Facebook bereits Sympathien für diese Band. In einem der Lieder von „You must murder“ heißt es „Uns wurde allen gesagt: Töte nicht. Jetzt hört mir zu: Zur Hölle mit diesem Müll! (…) Zuerst säubere ich meine Straße, dann reinige ich meine Stadt. Das ist es was mein Land braucht. Gesetzliche Immunität um gegen das Recht zu verstoßen, um eine Lizenz zu töten zu bekommen (…) Gebt mir das Recht oder ich werde es mir nehmen. Das Recht das Leben von jemanden zu nehmen.“ In einem anderen Lied singt die Band: „Nur die Starken werden überleben … Der Feind schuf den Weg der Schwachen … Während Tausende unter Drogeneinfluss tanzen, bist Du nüchtern, stolz und gefährlich! Meine Nüchternheit heißt Treue.“ Das Video zum Lied zeigt mit Messern bewaffnete und vermummte Neonazis, die am Ende des Videos Molotowcocktails werfen, sowie Bilder extrem rechter Aufmärsche in Russland.

Es ist eine gefährliche Mischung von Gewalt, Hass, völkischem Körper- und Gesundheitskult und kriegerischen Männlichkeitsbildern, die sich in der Begeisterung von Neonazis für den Kampfsport wiederspiegelt. Das „Recht des Stärkeren“, „eiserne Selbstdisziplin“ zum Erhalt eines „gesunden Körpers“ und „Wehrhaftigkeit“ sollen dabei dem Erhalt der Nation, eines „weißen Europas“ und der „weißen Rasse“ dienen. Gleichzeitig dienen solche Kampfsportrainings der Vorbereitung auf Auseinandersetzungen im „Straßenkampf“ und gewaltsamen Angriffen auf politische Gegner und anderen zu „Feinden“ erklärten Gruppen.

Die Kampagne „Runter von der Matte – Kein Handshake mit Nazis“ informiert über und engagiert sich gegen Neonazis im Kampfsport: runtervondermatte.noblogs.org