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Hessen: Aussteiger sorgt für Unmut bei den Ex-Kameraden

 

Simon Zimmermann, JN-Chef und NPD-Landesvorstandsmitglied der hessischen NPD, ist aus der rechtsextremen Bewegung ausgestiegen. In einem Interview mit dem Hessischen Rundfunk berichtet der 21-Jährige, er habe Konzerte und Fahrten zu Konzerten organisiert, wo Musik gespielt wurde, die zu Gewalt gegen Ausländer aufruft. Weiterhin wollte Zimmermann nicht bei der Nazi-Verherrlichung mitwirken. Diese werde durch den hessischen NPD-Chef Marcel Wöll vorangetrieben, so Zimmermann. Wöll mache aus seiner Hitler-Verehrung keinen Hehl, heißt es in dem Bericht. Schließlich habe es offenen Streit um das Programm der NPD für die Landtagswahl gegeben. Dafür habe die NPD Teile des Parteiprogramms aus NSDAP übernommen. Auf internen Schulungen werde das NSDAP-Wahlprogramm diskutiert, so Zimmermann weiter. Außerdem warf er Wöll eine „exzessive Gewaltbereitschaft“ vor. Interessant auch, was der Ex-JN-Chef zum Thema Meinungsfreiheit in der NPD sagt: Als Zimmermann anfing gegen den Kurs der NPD zu widersprechen, wurde er von Kameraden beleidigt.

Neben Zimmermann ist fast der gesamte Landesvorstand der JN-Hessen zurückgetreten. Damit marginalisiert sich die Partei in Hessen weiter. Zimmermann hatte vor zwei Jahren die bis dahin in Hessen kaum existierende Jugendorganisation reaktivieren können, schreibt redok zum Thema. Mit einem „4-Säulen-Konzept“ wollte Zimmermann die JN Hessen auf Vordermann bringen. Dazu zählte er den „Kampf um die Dörfer“, den „Kampf um die Schulen“, die „Zusammenarbeit mit den Kameradschaften“ und die „Intellektualisierung der Jugend“.

Drohungen gegen Aussteiger

In der Nazi-Szene sorgte Zimmermanns Ausstieg denn auch für verbitterte Reaktionen. In Reaktionen wurde abgestritten, dass der JN-Chef wichtig gewesen sei, außerdem wurden Drohungen ausgestoßen. Das „Aktionsbündnis Mittelhessen“ verstieg sich zu der Behauptung, der Aussteiger habe zwar den Landesvorsitz der hessischen JN (Junge Nationaldemokraten) innegehabt, „jedoch sollte klar gestellt werden, dass er weder große Verantwortung noch jegliche Führungsposition sein eigenen nennen konnte“. Die Neonazis beenden ihre Mitteilung mit dem mehrdeutigen Satz: „Wann ausgestiegen wird, entscheiden wir!“ Qed.

Wöll äußerte sich wie folgt: „Es ist schon reichlich anmaßend von Zimmermann, wenn er sich indirekt als quasi unverzichtbarer Aktivist geriert.“ Wahr sei vielmehr, „daß er nach etlichen Monaten Beitragsrückstand und nachdem sich zeigte, daß er völlig unfähig ist, Ämter in NPD und JN zu bekleiden, unsererseits zum Verlassen von Partei und JN aufgefordert wurde. Dieser Aufforderung kam er auch nach und weder die hessische NPD, noch die Jungen Nationaldemokraten haben Herrn Zimmermann bisher auch nur eine Träne nachgeweint.“ Außerdem drohte Wöll juristische Schritte an, eine in rechtsextremen Kreisen beliebten Vorgehensweise, um die eigene Entschlossenheit zu demonstrieren. Allerdings folgen in den wenigsten Fällen tatsächlich irgendwelche konkreten Schritte.

Rückschläge in Serie

Nachdem Wöll durch seine rechtsextremes Nachrichtenprojekt im Internet zunächst einen Erfolg feiern konnte, läuft es seitdem eher schlecht für den NPD-Landeschef: Anzeigen, Demonstrationen mit wenigen Teilnehmern, Debatten um seine Gewaltbereitschaft, interne Kritik am NPD-Wahlkampf. Die NPD-Bundespartei glaubt sowieso nicht an einen Erfolg bei der Landtagswahl in Hessen und mobilisiert ihre Kräfte nach Niedersachsen, wo es aber auch nicht sehr rosig für die Rechtsextremisten aussieht.