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Sachsen-Anhalt: Bald Rauch- und Nazi-Freie Gaststätten?

 

Eigentlich wollten die Neonazis `national befreite Zonen` schaffen, in denen sie faktisch das Geschehen in Straßen, Dörfern oder Stadtvierteln entscheidend mitbestimmen. Jetzt dreht sich der Wind zusehends, die Toleranz gegenüber den Intoleranten wird immer kleiner, die gesellschaftliche Isolation immer größer. Denn Neonazis müssen in Sachsen-Anhalt laut Medienberichten damit rechnen, dass sie in Hotels keine Zimmer mehr bekommen. Sie sollen in gastronomischen Betrieben zu unerwünschten Personen erklärt werden. Die rund 1000 Mitgliedsbetriebe des Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) in Sachsen-Anhalt werden Anfang dieser Woche Post mit ungewöhnlichem Inhalt bekommen, berichtet die Mitteldeutsche Zeitung. Neonazis sollen, so das erklärte Ziel der Aktion, in keinem der Mitgliedsbetriebe mehr ein Zimmer oder einen Tagungsraum buchen können.

Sorge vor wirtschaftlichen Folgen des Nazi-Terrors

Dabei gehe es nicht nur um die selbstverständliche politische Abgrenzung zu Rechtsextremisten, sondern auch um wirtschaftliche Überlegungen, so der Dehoga-Chef gegenüber der MZ. Touristen würden zunehmend durch fremdenfeindliche Übergriffe und durch die Wahlerfolge rechter Parteien wie der NPD von einem Besuch Sachsen-Anhalts abgehalten. Schildhauer zitiert in diesem Zusammenhang eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos. Danach haben elf Prozent der Befragten erklärt, wegen der rechten Vorfälle auf eine Reise nach Sachsen-Anhalt verzichten zu wollen. Bei weiteren 15 Prozent spiele dies zumindest in der Abwägung mit anderen Reisezielen eine wichtige Rolle. Grundsätzlich hat ein Gastwirt nach Angaben Schildhauers das Recht, eine Buchung abzulehnen. Auch in Mecklenburg-Vorpommern hatte der Tourismusverband jüngst Zahlen vorgelegt, wonach durch die Neonazi-Aktivitäten zahlreiche Touristen abgeschreckt würden.

Auch in Brandenburg müssen die Neonazis bald zelten gehen, härtet ja sowieso mehr ab. Der dortige Hotel- und Gaststättenverband hat Funktionäre der NPD und der DVU als Gäste in gastronomischen Betrieben schon vor einigen Wochen für unerwünscht erklärt. Im Streitfall wird den Mitgliedsbetrieben nun unter anderem Hilfestellung in juristischen Fragen angeboten. Und in Sachsen lud ein Hotelbetreiber hohe NPD-Funktionäre aus seinem Hotel aus. Er kündigte an, das Geld, das NPD-Funktionäre in seinem Haus ausgeben, an die Dresdner jüdische Gemeinde spenden zu wollen.

Nazis – die Juden von heute?!?

Der NPD-Multifunktionär Holger Apfel schrieb zu der Ausladung aus dem Dresdner Hotel unter anderem: ‘Ich bin davon überzeugt, daß sich “mutige” Menschen Ihres Schlages [gemeint ist der Hotelbetreiber,PG] in früheren Zeiten wohl einer der ersten staatlichen Boykottmaßnahmen gegen Minderheiten angeschlossen hätten.’ Aha, jetzt wird der Hotelbesitzer, der keine Neonazis in seinem Haus haben will, selbst zum Nazi, die NPD wird zu den Juden von heute. Und zuvor hatte die NPD in einer Pressemitteilung geschrieben, nachdem der Verfassungsschutz darauf hingewiesen hatte, dass die rechtsextreme Partei ihre `Deutsche Stimme` im Ausland drucken lässt: Die `Pogromstimmung gegen die NPD` habe einen erneuten Höhepunkt erreicht. Diese dünnhäutigen Reaktionen zeigen: Der öffentliche Druck auf die NPD nimmt zu – und dies zeigt Wirkung.