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Bitte warten

 

Wenn man Rollstuhl fährt, ist Geduld unverzichtbar. Sonst hat man ein echtes Problem im Alltag. Wenn man behindert ist, wartet man eigentlich ständig auf irgendwas: Dass jemand den Seiteneingang aufmacht, jemand den Antrag bearbeitet, der Behindertenparkplatz frei wird, den jemand nutzt, der „nur mal schnell“ zur Post wollte.

In letzter Zeit warte ich ziemlich viel vor Behindertentoiletten. Das bringt das Reisen so mit sich, denn Behindertentoiletten an Flughäfen werden für alles Mögliche genutzt und vor allem von allen möglichen Leuten. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal „mal eben schnell“ auf eine Flughafentoilette gehen konnte. Sie sind immer besetzt. Und Sie ahnen es, die Leute, die die Toiletten nutzen, haben in der Mehrheit der Fälle keine sichtbare Behinderung.

Keine Wahl

Ich stehe dann teilweise bis zu 15 Minuten vor einer der wenigen Behindertentoiletten im Terminal, während es im Raum nebenan jeweils zehn Toiletten für Frauen und weitere zehn Toiletten für Männer gibt, die ich aber nicht nutzen kann. Behindertentoiletten sind größer als nicht barrierefreie Toiletten, wo man mit dem Rollstuhl teilweise nicht einmal durch die Tür passt. Barrierefreie Toiletten haben Griffe, an denen man sich festhalten kann und einen Alarm, falls man Hilfe braucht, weil man zum Beispiel hingefallen ist.

Nun ist die Anzahl der barrierefreien Toiletten sowieso schon knapp. Die Lage wird nicht besser, wenn sie von Leuten benutzt werden, die sie gar nicht benötigen sondern ewig belegen, weil sie sie zum Beispiel zum Umziehen oder zum Koffer umpacken benutzen – an Flughäfen beides sehr beliebt. Was auch immer wieder vorkommt ist, dass Leute das Waschbecken in einer Behindertentoilette mit einer Dusche verwechseln und deshalb den ganzen Raum unter Wasser setzen.

Das ist besonders toll, wenn man sowieso schon aufpassen muss, dass man beim Umsetzen nicht zwischen Toilette und Rollstuhl fällt, dann aber der Rollstuhl schön rutscht, weil der Boden unter Wasser steht.

Geflutete Toilette und Gürtel in der Hand

Letztens sah ein Mitarbeiter am Flughafen Heathrow, dass ich schon ewig vor der Toilette wartete. Irgendwann wurde es ihm zu bunt. Er fragte mich, ob ich gesehen hätte, ob da ein Rollstuhlfahrer drin sei und ich sagte ihm, es sei ein Mann im Anzug gewesen, nicht offensichtlich behindert. Der Mitarbeiter klopfte also an die Türe und rief, die Person solle endlich die Toilette freigeben, wenn er nicht behindert sei. Ich habe keine Ahnung, was der Mann dort gemacht hat. Er öffnete die Tür, seinen Gürtel in der Hand. Die Toilette stand völlig unter Wasser und der Wasserhahn lief. Danach konnte das Personal vom Flughafen erst einmal die Toilette wieder trockenlegen und ich musste weiter warten.

Genau wegen solcher Leute sind viele Behindertentoiletten unterdessen abgeschlossen. Rollstuhlfahrer und andere behinderte Menschen, die auf die Benutzung dieser Toilette angewiesen sind, können einen Schlüssel kaufen, mit dem man die Türen von Behindertentoiletten öffnen kann. Nur an Flughäfen verbaut man diese Schließanlagen ungerne, weil die Schlüssel zwar europaweit verbreitet sind, aber eben nicht weltweit.

Ich reiße niemandem den Kopf ab, wenn er mal eine Behindertentoilette nutzt, wenn alle anderen besetzt sind. Ich kann auch mal warten, aber nicht jeder kann das. Wenn zehn andere, nicht barrierefreie Toiletten nur fünf Meter nebenan sind, muss man dann wirklich die einzige barrierefreie Toilette nutzen? Und wenn das schon sein muss, dann doch bitte nicht länger als nötig und ohne die Toilette in einen unzumutbaren Zustand zu versetzen.