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Zu Gast bei Spionen

 

Fast immer wenn ich das Thema Barrierefreiheit anspreche, folgt als vermeintliches Totschlagargument: „Aber bei neuen Einrichtungen wird ja darauf geachtet.“ Ja, schön wär’s. Ein Beispiel gefällig? Ich war vergangene Woche in Berlin und hatte unverhofft ein bisschen Zeit. In der Nähe meines Hotels gibt es das vor vier Monaten eröffnete Spy Museum. Und da ich James Bond & Co. ganz interessant finde, habe ich erwartungsvoll 14 Euro gezahlt, um mir die Geheimdienstgeschichte in Ost und West anzusehen. Auf 3.000 Quadratmetern können Besucher in die geheime Welt der Spionage eintauchen. Dafür wurde ein Gebäude am Leipziger Platz im Herzen Berlins aufwendig umgestaltet.

Kein Anschluss unter dieser Nummer

An der Kasse drückte man mir ein Telefon in die Hand und sagte, man habe keinen Fahrstuhl im Museum. Ich müsse durch das angrenzende Bürogebäude, um die Etagen zu wechseln. Wenn ich auf Treppen stoßen würde, solle ich die 5 wählen. Es käme dann jemand, der mich begleitet. Ich stieß in der Tat auf Treppen. Ziemlich neue sogar. Nur einen Fahrstuhl gab es eben nicht. Ich wählte die 5 und es passierte nichts. So ist das immer mit solchen Lösungen: Sie funktionieren in der Theorie, in der Praxis dann aus irgendwelchen Gründen nie. Entweder weil keiner ans Telefon geht, jemand das Klingeln überhört oder vielleicht doch die falsche Nummer herausgegeben hat. So auch in diesem Fall: An der nächsten Treppe kam ich selbst auf die Idee, es mal mit 05 zu probieren und tatsächlich, es nahm jemand ab.

Ich finde solche Lösungen absolut okay, wenn es sich um alte Häuser handelt. In einem Museum, dessen gesamte Innenausstattung darauf schließen lässt, dass richtig viel umgebaut und neu gebaut wurde, hält sich mein Verständnis für derartige Lösungen in Grenzen. Um zum nächsten Stockwerk zu kommen, musste ich aus dem Museum ins Nachbargebäude, dort mit dem Fahrstuhl nach oben fahren, dann durch die ganze Ausstellung durch, um zum Anfang zu kommen, und dann später wieder anrufen, um wieder nach unten zu gelangen. Diesmal durch einen leerstehenden Kinosaal und viele Türen. Barrierefrei ist wirklich etwas anderes.

Es sind die kleinen Dinge

Die Ausstellung ist übrigens wirklich ganz interessant. Allerdings muss man ziemlich viel lesen. Vieles ist auch an interaktiven Bildschirmen dargestellt. Und diese Bildschirme sind löblicherweise nicht zu hoch aufgehängt. Aber es gibt einen Haken: Will man zurück ins Hauptmenü, was man eigentlich nach fast jedem Text möchte, muss man auf einen Knopf oben links klicken. Oben links ist leider aus einer sitzenden Position ziemlich weit oben. Nun habe ich lange Arme und kam gerade so dran. Aber für viele Rollstuhlfahrer oder für kleinwüchsige Menschen, wäre diese Menüanordnung auf jedem Bildschirm eine echte Hürde beim Museumsrundgang gewesen. Hätte man den Menüpunkt unten links angeordnet, schon wäre er für alle erreichbar gewesen. Es sind manchmal wirklich die kleinen Dinge, die Barrierefreiheit ausmachen.