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Wikipedia liegt auf dem Drucker

 

Foto: Michael Mandiberg and Denny Gallery, NYC

Wie in jeder anderen Anarchie gibt es auch in der Konzeptkunst ganz klare Regeln. Eine davon ist diese hier: Wann immer ein Trägermedium aus der Zeit fällt, wird es für Konzeptkünstler interessant. Alle Nase lang hängen in den Ausstellungsräumen derzeit CDs an der Decke, Radio und Röhrenfernseher waren noch nie so oft in der Galerie wie heute.

Und jetzt erwischt es auch das Papier: Vor zwei Jahren hat der New Yorker Künstler Kenneth Goldsmith in einer Galerie in Mexiko City versucht, das gesamte Internet auszudrucken. Jeder konnte mitmachen. Am Ende haben 600 Teilnehmer aus der ganzen Welt 20.000 Pakete mit ausgedrucktem Internet geschickt, so dass die ganze Installation am Ende zehn Tonnen gewogen hat.

Dieser Tage sorgt nun das Projekt „printwikipedia“ von Michael Mandiberg für Aufsehen, ebenfalls ein Konzeptkünstler aus New York. Im Vergleich zu Goldsmith ist sein Projekt allerdings geradezu bescheiden: Mithilfe der Selbstverleger-Plattform lulu.com möchte er nicht gleich das ganze Internet ausdrucken, sondern lediglich die englischsprachige Wikipedia. 7.600 Bände à 700 Seiten kämen so zusammen.

Bis jetzt liegt die Wikipedia noch als elf Gigabyte großer Datensatz auf einer Festplatte. Im Rahmen der Ausstellung From Aaaaa! To ZZZap! soll sie auf lulu.com hochgeladen werden, was allein zwei Wochen dauern wird. Der Ladebalken wird auf die Wand der Galerie projiziert.

Weil in New York ein Kunstprojekt ohne den Kitzel des Kommerziellen heute außerdem kaum mehr denkbar ist, verkauft Mandiberg die Bände für 80 Dollar pro Stück. Oder für 500.000 Dollar für das ganze Paket – obwohl die inhaltliche Arbeit von freiwilligen Idealisten verrichtet wurde.

Damit erinnert er an eine andere Ausstellung, über die New York sich vor Kurzem die Köpfe heißgeredet hat: „New Portraits“ von dem bekannten „Appropriation Artist“ Richard Prince. Prince hatte Instagram-Profile ohne das Einverständnis der Nutzer auf Leinwände gedruckt und die Bilder dann für mehrere Zehntausend Euro verkauft.

Weitere noch nicht ausgedruckte Teilchen finden Sie hier.