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Was der IS fürchtet

 

Was der IS fürchtet
Anhänger des „Islamischen Staats“ © Tauseef Mustafa/AFP/Getty Images

Der Franzose Nicolas Hénin hat keinen Grund, Nachsicht für die Kämpfer des „Islamischen Staats“ zu fordern. Zehn Monate lang wurde der 41-Jährige von den Dschihadisten in Syrien gefangen gehalten, vom Sommer 2013 bis April 2014 . Einer seiner Bewacher war Dschihadi John, der kürzlich bei einem Drohnenangriff getötet wurde. Viele Mitgefangene Hénins leben nicht mehr, darunter James Foley. Hénin selbst folterten und demütigten die Islamisten über Monate hinweg. Was ihn nicht davon abbringt, noch heute mit seinen Peinigern zu chatten – kaum jemand kennt die Dschihadisten besser als er. Jetzt hat Hénin in einem Artikel für den Guardian beschrieben, was die IS-Kämpfer mit einem Anschlag wie in Paris bezwecken, wie sie darüber denken und was sie erwarten.

In ihrer Propaganda stellten sich die IS-Kämpfer immer als Superhelden dar, in Wahrheit handele es sich bei den meisten von ihnen um Straßenkinder. „Dumm und böse“, sage man dazu in Frankreich. „Ich fand sie eher dumm als böse“, schreibt Hénin – mit dem Hinweis, dass auch Dummheit ein mörderisches Potenzial hat. Wenn sie ihre Macht demonstrieren wollten, erwarteten die Islamisten von ihm, dass er schrie vor Angst. Also tat er das. Und lachte später mit seinen Zellengenossen über die Absurdität des Ganzen.

Die IS-Kämpfer verfolgten obsessiv Nachrichten und soziale Netzwerke, schreibt der französische Autor. Total indoktriniert pressten sie alle Informationen in ihre Verschwörungstheorien und ihr Weltbild ohne je die Widersprüche anzuerkennen. Ihre Grundüberzeugung sei, dass Muslime nicht mit anderen Gruppen zusammenleben können. „Darauf richten sie ihre Antennen aus.“

Die Anschläge in Paris gäben den Dschihadisten das Gefühl, die hätten gewonnen, schreibt Hénin. Jedes Zeichen von Überreaktion, Angst, Rassismus oder Fremdenfeindlichkeit seitens des Westens werde die IS-Kämpfer davon nur noch mehr überzeugen, dass sie mit ihrer Ideenwelt richtig liegen. „Ich kenne sie. Was sie erwarten, sind Bomben, was sie fürchten, ist Einheit.“ Die Angreifer hätten genau aus diesem Grund Frankreich als Ziel gewählt: Denn in dem Land könnten Spaltungen leicht offengelegt werden. Bomben seien genau die falsche Antwort. Leider setze Frankreich nun auf dieses Mittel.

„Die Bilder aus Deutschland, wo die Menschen Migranten willkommen geheißen haben, werden sie gequält haben. Toleranz und Zusammenhalt, das wollen sie nicht sehen.“ Wie es in Syrien weitergehen kann, darauf hat auch Hénin keine Antwort. Sicher sei aber, mit Assad gebe es keine Zukunft. „Der IS wird kollabieren, Politik wird das möglich machen.“

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