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Das sind die „Soccer Moms“ von 2016

 

Das sind die "Soccer Moms" von 2016

1996 drehte sich im US-Wahlkampf alles um die Soccer Moms – jene perfekten Mittelschichtfrauen, die das Wohl der Familie über ihr eigenes stellen und ihre Nachmittage im Minivan verbringen, um den Nachwuchs zum Fußballtraining oder Musikunterricht zu kutschieren. Als klassische Wechselwähler standen diese Frauen im Verdacht, die Wahl zu entscheiden. Am Ende gewann Bill Clinton ihre Herzen – und die Abstimmung gegen den Republikaner Bob Dole. Welche Bevölkerungsgruppe im diesjährigen Wahlkampf besonders umworben wird, zeigt eine Grafik des US-Magazins Politico.

Datenanalysen sind ein wichtiges Instrument für die Wahlkämpfe in den USA. Die Teams der Kandidaten haben eine Armee von Analysten angestellt, die genau erheben, welche Bevölkerungsgruppe noch unentschieden ist und mithilfe spezieller Ansprache geködert werden kann. Doch seit 1996 ist die US-Bevölkerung vielschichtiger geworden. Die eine, entscheidende Zielgruppe gibt es nicht. Für ihre Grafik haben die Politico-Journalisten deshalb mit Umfragespezialisten, Politikwissenschaftlern und Wahlkämpfern gesprochen. Sie haben elf Swing States betrachtet – also die Staaten, in denen der Wahlausgang gewöhnlich recht knapp ist – und die Bevölkerungsgruppen herausgegriffen, die dort die Abstimmung entscheiden könnten. Dies sind unter anderem:

  • Die neuen Hausbesitzer von Colorado: junge Familien in den schnell wachsenden Außenbezirken von Denver, die sich bezahlbare Schulen und ein funktionierendes Gesundheitswesen wünschen (Vorteil für die Demokraten?), wegen der finanziellen Belastung durch Hypothekenkredite aber durchaus empfänglich für Versprechungen wie niedrigere Steuern sind (Vorteil Republikaner?).
  • Die kubanischen Millennials von Florida: Mit Kritik an Fidel Castro und scharfen Worten gegen die kubanische Regierung konnten die Republikaner bei den Exilkubanern in Florida immer punkten. Doch das könnte sich 2016 ändern. Viele ihrer Nachkommen unterstützten zuletzt Obamas Entspannungspolitik. Aber unterstützen sie damit auch Hillary Clinton? 309.000 kubanische Amerikaner zwischen 18 und 45 Jahren sind wahlberechtigt – und das in einem Bundesstaat, in dem durchschnittlich 173.000 Stimmen zwischen Republikanern und Demokraten entscheiden.
  • Die Kinder der Kohlearbeiter von Ohio: 2012 gewann Mitt Romney die Mehrheit in 18 der 20 Kohle produzierenden Counties in Ohio. Ein Vorteil für Donald Trump? Schließlich hat dieser versprochen, fossile Brennstoffe zu stärken. 865.000 Wähler leben in Kohlegebieten von Ohio, aber in den letzten vier Präsidentschaftswahlen betrug der durchschnittliche Abstand zwischen den beiden Kandidaten gerade einmal 178.000 Stimmen.
  • Die nervösen Soldaten von Virginia: 857.000 aktive Soldaten und Veteranen dürfen bei der Wahl abstimmen – bei einem Stimmenunterschied von 217.000 in den letzten vier Abstimmungen eine durchaus relevante Größe. Die Sympathien des Kandidaten Trump für den russischen Präsidenten Putin sowie seine unvorhersehbare Außenpolitik könnten viele dieser Wähler abschrecken, schreibt Politico. Andererseits bleibt die Frage, ob diejenigen, die sich vor islamistischen Terrorakten fürchten, Hillary Clinton wählen.

Mit der Frage, welche Bevölkerungsgruppe die Präsidentschaftswahl entscheidet, befassen sich auch andere Wahlforscher. John Zogby untersuchte die Gruppe der „wöchentlichen Walmart-Shopper“, auch sie offenbar typische Mittelschichtamerikaner, die Angst vor dem Verlust ihres Wohlstands haben – und typische Wechselwähler. Die Republikanerin Sarah Palin brachte 2008 den Begriff der Hockey Moms auf, die Demokratin Celinda Lake startete eine Kampagne für die Nascar Dads. Außerdem tauchten noch die Facebook Independents und die Latino Evangelicals in der Presse auf. Durchgesetzt haben sich diese Begriffe allerdings nicht.