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Krankheiten

Virus schlägt Mensch, Impfung schlägt Virus

 

Virus schlägt Mensch, Impfstoff schlägt Virus
Screenshot: „Outpacing pandemics“ auf Mosaic Science

Seuchen sind schnell und unberechenbar. Impfungen zu entwickeln hingegen ist komplex und langwierig. Auch deshalb sind im vergangenen Jahrhundert Millionen Menschen an Krankheiten wie Grippe, Dengue oder Gelbfieber gestorben. Letzteres breitet sich gerade wieder im Südosten Brasiliens aus. Solange es weder Impfstoff noch Gegenmittel gibt, ist jederzeit mit einem Ausbruch zu rechnen – die Erreger schlummern überall, wie eine interaktive Infografik zeigt. Doch sie macht auch deutlich: Die Menschheit steht zahlreichen Bakterien und Viren längst nicht mehr wehrlos gegenüber.

Als im Jahr 1919 eine Grippewelle in Boston ausbrach, war keiner auf die kommende Katastrophe vorbereitet: weder Virologen noch Ärzte noch Krankenhäuser. Die Krankheit, die Monate zuvor in Madrid ihren Anfang genommen hatte, entwickelte sich zu einer aggressiven und tödlichen Seuche. Erst 1920 war die Spanische Grippe überstanden – bis dahin hatte das Virus weltweit mindestens 45 Millionen Menschen dahingerafft.

Bis heute gibt es keinen allgemeingültigen Grippeimpfstoff. Die Viren mutieren sehr schnell, ihr Erbgut verändert sich minimal nach dem Zufallsprinzip. Doch mit jährlich angepassten Mitteln lassen sich Ausbrüche mittlerweile weitgehend kontrollieren. Impfstoffhersteller analysieren das aktuelle Virus und reagieren auf seine Veränderungen.

Ein Impfstoff allein ist nicht genug

Obwohl es noch immer Jahre von ersten Tests bis zur Zulassung eines Impfstoffs dauert: Wenn Wissenschaftlern genügend finanzielle Mittel, Labore und Testpersonen zur Verfügung stehen, sind sie heute oftmals in der Lage, rasch ein Mittel zu finden. Zu Beginn des letzten Jahrhunderts war das undenkbar. Den Fortschritt der Impfstoffforschung lässt die interaktive Grafik des Internetmagazins Mosaic Science erkennen: An einem Mittel gegen Typhus beispielsweise wurde gut 100 Jahre geforscht. Vom ersten Test bis zur fertigen Polio-Vakzine brauchten Wissenschaftler drei Jahrzehnte, für die Masernimpfung neun Jahre. Die Grafik macht aber auch deutlich: Manche Erreger sind besonders schwer zu fassen. Trotz 30 Jahren intensiver Suche etwa haben Forscher noch immer keinen HIV-Impfschutz gefunden.

Wie wichtig wirksame Impfungen sind, verdeutlicht Mosaic Science am Beispiel mehrerer Szenarien:

  • Variante A: Ein aggressives Grippevirus tritt auf, weil es keinen Impfstoff gibt, sterben binnen einem Jahr 30 Millionen Menschen.
  • Variante B: Ein aggressives Grippevirus tritt auf. Nach fünf Monaten steht der Welt ein Impfstoff zur Verfügung, die Menschen nehmen ihn an – 13 Millionen Menschen sterben.
  • Variante C: Ein aggressives Grippevirus tritt auf. Schon nach sechs Wochen gibt es ein Mittel. In der Folge sterben zwar noch immer Hunderttausende, Millionen aber überstehen den Erreger.

Die Kurven machen deutlich: Einen Impfstoff zu haben reicht nicht. Er muss auch flächendeckend angewendet werden. Wenn genügend Menschen gegen eine Krankheit immun sind, lassen sich alle schützen.

Was passiert, wenn die Bevölkerung unzureichend geimpft ist, zeigte sich etwa 2015 in Berlin. Mehr als 300 Menschen hatten damals Masern. Ein anderes Beispiel ist der aktuelle Gelbfieber-Ausbruch im brasilianischen Minas Gerais, nur rund die Hälfte der Bevölkerung ist dort gegen das Virus geschützt. Die örtliche Regierung versucht nun, mit Notfallimpfungen eine Epidemie zu verhindern.


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