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Wenn eine eine Reise tut

 

Die Berlinerin Barbara Morgenstern flog mit Goethe um die Welt. Auf „The Grass Is Always Greener“ lässt sie das Erlebte nachklingen

The Grass Is Always Greener

„Wenn einer eine Reise tut, so kann er was erzählen“, heißt es in Matthias Claudius‘ Urians Reise um die Welt. Barbara Morgenstern tat eine Reise. Gemeinsam mit dem Berliner Schmachtmusiker Maximilian Hecker umrundete sie im Auftrag des Goethe-Instituts den Globus. Und erzählt nun auf The Grass Is Always Greener von der Reise und dem Reisen.

Der Albumtitel spielt an auf eine dem Fernweh innewohnende Paradoxie. „The Grass Is Always Greener On The Other Side“, lautet das Sprichwort vollständig: Am schönsten ist es immer dort, wo man gerade nicht ist. Bereits im Titelsong versucht sich Barbara Morgenstern an einer Antwort, die gleichermaßen paradox ist: „Ich seh ein und gesteh, the grass is not greener“ heißt es da. Und, später, im Stück Polar: „Heimweh und Überdruss, wie der Stein und der Fluss, reiben sich zu Sand entzwei.“ Sie schlägt einen Bogen über alle Kontinente, singt von Briefen und den Träumen Hollywoods, dem Glück und der Vergänglichkeit und fragt sich, weshalb blonde Frauen und McDonalds weltweit so hoch im Kurs stehen. Das klingt naiv, aber gar nicht banal.

Die Orte ihrer Reise sind austauschbar, sie sind vor allem Anlass zur Reflexion über das Unterwegssein, das Sein überhaupt. So gelingt ihr das Kunststück, als eine deutsche Kulturbotschafterin um die Welt zu reisen, diese Welt aber nicht in den üblichen Begriffen der Kultur zu fassen. Es geht ihr nicht darum, herauszufinden, wie die Menschen in Amerika, Asien und Afrika sind, sie fragt sich alleine, was das Reisen, das Sein in der Fremde mit ihr anstellt. „Was man sieht, was man spürt, das was mich tief berührt, geht weit über mich hinaus, und die Antwort bleibt noch aus.“

So erscheint das titelgebende Sprichwort am Ende ganz absichtlich verkürzt. Das Gras ist grüner weder hier noch da, sondern überall. Schön ist’s eben auf der ganzen Welt. Bei Matthias Claudius heißt es schließlich „Und fand es überall wie hier, fand überall ’n Sparren, die Menschen grade so wie wir, und eben solche Narren.“ Barbara Morgenstern singt „Und der Wind weht überall gleich, weltweit löst die Nacht zum Schluss den Tag ab.“ So einfach ist das.

Es ist nicht Zynismus, der sie leitet. Eher schon Euphorie. Nicht zuletzt die Musik auf dem neuen Album beweist das, sie ist vielfältiger und ideenreicher als je zuvor. Feinsinnig und spielerisch setzt sie ihre Instrumente ein. Elektronische Klänge und Klaviertöne umgarnen ihre Stimme. Ab und an streut sie hypnotisierende Gitarrenmuster ein und das Schlagzeug ersetzt den Drumcomputer.

The Grass Is Always Greener ist eine Platte, die mit jedem Hören ergreifender wird. Eine Platte für den Kopf, den Bauch, die Ohren und die Beine. Und die aufs Reisen genauso Lust macht wie auf das Zuhausebleiben.

„The Grass Is Always Greener“ von Barbara Morgenstern ist auf LP und CD erschienen bei Monika und erhältlich unter anderem bei Hausmusik. Barbara Morgenstern live zu sehen ist ein Erlebnis, die Termine ihrer aktuellen Tour finden sich auf ihrer Website.

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