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Die Konzertarenen fest im Blick

 

Ein erfolgreiches Debüt und ein guter Produzent im Rücken sind nicht alles: Das zweite Album des britischen Elektrorockduos The Big Pink wirkt fad dahinkalkuliert.

© 4AD/Beggars

Was macht ein gutes Album aus? Wie wär’s damit: Sobald man es zu Ende gehört hat, freut man sich schon aufs nächste Mal. Dieser Logik folgend, ist das neue Werk der britischen Band The Big Pink kein gutes Album. Was schade ist, denn die Elektrorocker Milo Cordell und Robbie Furze geben sich alle Mühe, gemocht zu werden. Nichts wird dem Zufall überlassen. Das aber ist Teil des Problems.

Produziert von Paul Epworth, der zuletzt Adele und Foster the People zum Erfolg geführt hat, türmen sich in den zehn Songs wahre Soundwände auf. Bässe walzen durch die Gehörgänge, Synthie-Teppiche werden bis unter die Decke gestapelt. Beats stampfen und knarzen bis zum Umfallen. Die Stadien fest im Blick, singt Furze seine klagenden Hymnen in die sternklare Nacht. Doch all das bewirkt nur wenig.

Das Rezept der Londoner tritt deutlich zutage: Man nehme eine glatte Backform, die mit anspruchslosen Beats gefettet wird. Darüber lege man möglichst viele verschiedene Schichten aus Keyboards, Gitarren und Synthesizern. Obendrauf kommt eine geschmacksneutrale Gesangsglasur. Das Ganze lässt man eine Dreiviertelstunde im Ofen hochbacken. Was dabei rauskommt, mag lecker aussehen, schmeckt aber reichlich fad.

Gründe dafür gibt es mehrere. Songtexte wie „Forgive your lovers / But don’t forget their names“ wurden früher in Poesiealben gekritzelt. Und den Satz „Silence is torture“ möchte man nach dem Hören dieses Albums nicht ohne Weiteres unterschreiben. Dabei gibt es durchaus interessante Momente: In Give It Up sampelt das Duo den Memphis Soul einer Ann Peebles, und auch der Refrain weiß zu überzeugen.

The Big Pink – Hit The Ground.

Ein andermal neigt sich der Sound von Elektro mehr in Richtung Rock. Viel Hall auf dem Gesang, sogar ein Gitarrensolo. Das erinnert an Duran Duran oder Post-Punk à la Siouxsie and the Banshees. Auch Hit the Ground (Superman) zählt zu den besseren Stücken. Und sich an Laurie Andersons Avantgarde-Nummer zu wagen, verdient zumindest Respekt.

Ansonsten ist das Album erstaunlich unspektakulär, obwohl (oder gerade weil) es möglichst spektakulär klingen will. Sehr wenig bleibt hängen, das Mitsing-Potenzial tendiert gegen null. Anders als bei ihrem Hit Dominos vor zwei Jahren, den man nicht mehr aus dem Kopf bekam. Anstelle von Ohrwürmern eignen sich viele der aktuellen Stücke besser als Untermalung für Autorennspiele oder Werbung für Musiksoftware.

Besonders betrüblich ist der Mangel an originellen Melodien, den Cordell und Furze häufig durch einen Soundbrei unterfüttern wollen. Ein Wechsel zwischen Strophe und Refrain ist zuweilen schwer zu erkennen. Selbst das persönliche 77 vermittelt kaum Emotionen. Was auch daran liegt, dass der Gesang insgesamt in seiner Monotonie fast etwas Mechanisches hat.
In the end / We’re all made of gold„, singen The Big Pink zu Beginn des Albums. Was auch immer die beiden Engländer damit meinen – bereits ihr Landsmann Shakespeare wusste, was auch für Future This gilt: Es ist nicht alles Gold, was glänzt.

„Future This“ von The Big Pink ist erschienen bei 4AD/Beggars Group/Indigo.