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Politischer Hurrikan

 

Es pfeift und stürmt in Tampa, dem Tagungsort der Republikaner. Die Palmen auf der Straße biegen sich unter den heranstürmenden Winden, mein Hotelfenster bebt und rattert unter dem gewaltigen Druck. Einige Geschäfte unten auf der Straße haben bereits Holzplatten vor Türen und Fenster geschraubt.

Im Kongresszentrum, wo bis Donnerstag die Republikaner tagen und gute Laune für die Wahl ihres Spitzenkandidaten Mitt Romney machen sollen, herrscht gähnende Leere. Der Parteitagsbeginn wurde um einen Tag auf Dienstag verschoben, das Programm gestrafft.

Dafür ist in erster Linie der tropische Sturm Isaac verantwortlich, der sich vielleicht noch in einen Hurrikan oder in Tornados verwandeln könnte. Auch wenn die größte Gefahr für Tampa gebannt zu sein scheint und die Winde weiter westlich zu toben scheinen, bleibt Vorsicht geboten. Flüge wurden gestrichen, Delegierte stecken fest.

Gefühle zur besten Sendezeit

Doch hinter der Verschiebung und Straffung steckt auch ein politischer und taktisch-strategischer Grund. Am Montagabend sollte ursprünglich Ann Romney, die Ehefrau von Obamas republikanischem Herausforderer Mitt Romney, ihren großen Auftritt haben. Ihre wichtige Aufgabe ist es, den Wählern im Land deutlich zu machen, dass ihr Mann kein kalter Exekutor ist, sondern ein Mann mit Herz, ein Gefühlsmensch. Auf ihre Worte kommt es an, sie sollen zu bester Sendezeit ins ganze Land ausgestrahlt werden.

Doch die großen Fernsehanstalten haben den Republikanern signalisiert: Vier Abende Liveschaltung vom republikanischen Parteitag, das ist zu viel. Drei Tage. Schluss, Punkt. Also kam der Sturm Isaac den Planern durchaus gelegen, bot er doch Vorwand und Anlass, den Montag vollständig aus dem Programm zu streichen und Ann Romneys Auftritt geschwind auf Dienstagabend zu verlegen.

Erinnerungen an Katrina

Stürme scheinen die Republikaner geradezu schicksalhaft zu verfolgen. Bereits vor vier Jahren musste die republikanische Krönungsmesse für den damaligen Präsidentschaftskandidaten John McCain wegen eines Hurrikans zusammengestrichen werden. Kein Republikaner wollte Bilder feiernder und johlender Anhänger zeigen, während gewaltige Winde abermals Louisiana und Mississippi zu zerlegen drohten.

Die Erinnerung an den furchtbaren Hurrikan Katrina im Jahre 2005 war noch hellwach. Er hatte Amerika damals nicht nur in eine humanitäre, sondern ebenso in eine tiefe politische Krise gestürzt. Damals regierten die Republikaner im Weißen Haus, Präsident Bush reagierte viel zu spät und schaute sich das Elend an der Küste lieber aus der Luft an.

Auch jetzt rast Isaac wieder auf diesen von tropischen Stürmen so oft heimgesuchten Landstrich zu. Hier in Tampa verharren die Republikaner darum in Habacht-Stellung: Denn niemand kann im Augenblick voraussehen, was diese Winde in den nächsten Tagen an menschlichem Leid und politischem Streit aufwirbeln werden.