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Führt endlich ein Tempolimit ein!

 

Als zugegeben reisetechnisch ein wenig unbedarfter Österreicher gerate ich auf dem Weg nach Nordfrankreich mit einem Kleinwagen zum ersten Mal auf die deutsche Autobahn. Es dauert einige Zeit, bis ich begreife: Es ist ein Zurück in die Geschichte. Ich verlasse die gemütlich egalitäre Moderne und spüre die Macht der Gewalt, des Besitzes, das Vorrecht erlaubter Rücksichtslosigkeit. Es ist klar: Ich mag das Autofahren nicht. Es ist tote, verlorene Zeit. Die schnelle Fortbewegung nagt an mir, sie raubt mir die Freude, lässt mich den Wert des Daseins grundsätzlich überdenken. Also reise ich so selten wie möglich. Und dann die deutsche Autobahn: Ich verstehe nun, wie Revolutionäre gemacht werden, nämlich durch fortgesetzte ungerechtfertigte Demütigung vonseiten eines stupiden, protzigen, privilegiensüchtigen Großbürgertums, dem ich hier, Jahrzehnte nach seinem Untergang, in automobiler Gestalt begegne. Und wie schon das Großbürgertum des 19. Jahrhunderts weckt es Zweifel, da die Form dem Inhalt nicht entspricht. Wer verstehen möchte, was die dämonische Grausamkeit eines Lenin entfachte, der begebe sich auf die deutsche Autobahn! In einem Augenblick echter Wut wünschte ich diesen hohlköpfigen Rasern einen neuen österreichischen Führer an den Hals, der die automobile Deppenparade dorthin führt, wo sie hingehört, nämlich in den Abgrund. Diesen Fluch nehme ich hiermit zurück und beschwöre die Deutschen, besonders in Zeiten, wo doch längst zehntausend Argumente in Richtung 80/100 weisen, wenigstens ein Tempolimit einzuführen, wie alle anderen Nationen auch.

Marius Bonfert,Kottingbrunn, Österreich