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Eine kleine Weltreise

 

… aus traurigem Anlass« unternimmt Sabine Kröner, 55: Im vergangenen Jahr ist ihr Mann in den Freitod gegangen, jetzt will sie durch neue Eindrücke Abstand gewinnen. Von Buenos Aires aus ist sie per Schiff um die Südspitze Amerikas in die Südsee gefahren, über Australien, Indonesien, Singapur, Malaysia, Myanmar, Indien, die arabische Halbinsel und durch den Sueskanal geht es weiter bis nach Venedig.

Westtimor ist unser erster Anlaufpunkt im Staat der 17 000 Inseln. Vom Pier erklingt der eintönige Rhythmus der Game­lanmusik, die uns von nun an durch ganz Indonesien verfol­gen wird und mich schon vor achtzehn Jahren genervt hat, als ich dieses Land ausgiebig bereist habe. In Bussen ohne Klimaanlage, aber mit Polizeieskorte verbringen wir unbequeme Stunden auf rumpeligen Strecken. In einer zerfallenen und zugemüllten Freizeitanlage darf ich eine Stunde lang herumspazieren und bin froh, als es weiter­ geht. Nächste Station ist ein Dorf im Landesinneren. Die Kunst der Ikat­-Weberei wird uns hier in all ihrer Aufwendig­keit demonstriert, und Produkte werden uns zum Kauf an­geboten. Die Fingerfertigkeit der Frauen fasziniert mich gleichermaßen wie das feine Muster der Tücher. Anschließend dürfen wir die örtliche Schule besuchen. Aus allen Klassenzimmern erschallt fröhlicher Gesang. Und zwei Tage später Bali: Welch ein Kontrast zu den voran­gegangenen Eindrücken! Leider habe ich wieder nur einen Tag Aufenthalt. Wieder per Bus fahre ich vorbei an einem riesigen Warenhaus unter freiem Himmel. Rechts und links der Straße präsentieren Steinmetze, Weber, Holzschnitzer, Möbelschreiner, Korbflechter, Silberschmiede und Kunst­maler ihre Werke. Doch wo bleiben die Reisterrassen? Tau­sendfach abgebildet in Reisekatalogen und Sinnbild für diese Insel? Als wir kurz vor Ende unseres Ausfluges hinkommen, ist gerade Rushhour. Der Bus kann nur kurz parken, ich ren­ne über Müllberge den Straßenrand entlang zu einer geeig­neten Fotografierlücke zwischen den Souvenirshops. Klick and go, nein, das hätten die hinduistischen Götter bestimmt nicht so gewollt – und ich auch nicht.

Sabine Kröner, zzt. 6° 49’ Süd, 114° 06’ Ost