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Der Künstler Guy Laramee

 

(c) Guy Laramee

(c) Guy Laramee

ZEITmagazin: Wie kommt man auf die Idee, Landschaften aus Büchern zu schneiden?

Guy Laramee: Während meines Masters in Anthropologie habe ich gleichzeitig in einer Metallwerkstatt gearbeitet. Auf einmal kam mir die Idee, ein Buch in einen Sandstrahler zu legen und BOOM – da war die Idee!

ZEITmagazin: Woher bekommen Sie die Bücher, die Sie für Ihre Werke benutzen?

Guy Laramee: Von Antiquariaten. Neuerdings bieten Leute mir ihre alten Bücher an. Bitte lasst das! Mein Lagerraum quillt über!

ZEITmagazin: Welche Art von Büchern nehmen Sie für Ihre Arbeit? Müssen sie bestimmte Kriterien erfüllen?

Guy Laramee: Unterschiedlich… Ich kaufe welche, ich finde Dinge, die mich beeinflussen und inspirieren. Früher habe ich nur Enzyklopädien und Wörterbücher benutzt – ich mochte Jorge Luis Borges , der nicht nur Schriftsteller, sondern auch Bibliothekar war, und die Landschaften Gerhard Richters, beide haben mich sehr beeinflusst. Jetzt bin ich offener. Für mein Werk „The Great Wall“ habe ich chinesische und japanische Bücher  benutzt.

ZEITmagazin: Viele Menschen erachten Bücher als etwas Heiliges und Unantastbares. Sie offenbar nicht.

Guy Laramee: Aus anthropologischer Sicht ist das, was ich mache, eine Opferung. Während des Rituals wird das Opfer heilig, gerade weil es geopfert wird. Manche Menschen würden das Opfer gern vor seinem Schicksal retten. Aber in diesem Denken zeigt sich, dass ihnen der Gedanke an die Vergänglichkeit aller Dinge nicht bewusst ist. Damit meine ich, dass Dinge und Menschen nicht für immer leben, und wir uns um sie kümmern müssen. In meiner Arbeit möchte ich zeigen, dass nichts endgültig ist, nicht unsere Gewissheiten über Welt, in der wir leben.

ZEITmagazin: Hatten Sie ein schlechtes Gewissen, als Sie Ihr erstes Buch zerschnitten haben? Wie fühlt es sich an, ein Buch zu zerstören?

Guy Laramee: Manchmal fühle ich mich schlecht. Es gibt heilige Texte, und ich habe es bis heute nicht übers Herz gebracht, diese Bücher kaputt zu machen. Die Bibel zum Beispiel. Ich würde niemals einen Koran zerschneiden, weil ich weiß, dass ich damit Menschen verletzten würde. Aber staubige Enzyklopädien sind okay. Die landen früher oder später sowieso auf dem Müll.

Die Fragen stellte Marisa Schulz

3 Kommentare

  1.   Dr. Ingo Ahmels

    Ein toller Künstler, großartige, genauestens ausgeführte Arbeiten voller Akribie und Tiefsinn. Man wünschte sich, seine Arbeiten auch in Deutschland sehen zu können.


  2. […] Interview auf dem Zeit.de-Blog Gefällt mir:Gefällt mirSei der Erste, dem dieser post gefällt. Veröffentlicht unter:their stuff ← Etta James (January 25, 1938 – January 20, 2012) Jean Giraud (May 8, 1938 – March 10, 2012) → Starte als erster eine Unterhaltung […]


  3. […] Der Künstler Guy Laramée schneidet Landschaften aus Bücher. Früher vor allem Enzyklopädien und Wörterbücher – heute ist er aber etwas offener. http://www.guylaramee.com | Kurzinterview auf https://blog.zeit.de/ […]

 

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