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Venedig in München: Die Installation „Replika“ von Ayzit Bostan und Gerhardt Kellermann

 

Der Hofgarten in München ist ein ruhiger, kleiner Park direkt neben dem belebten Odeonsplatz. Typisch für den Hofgarten sind seine Arkaden. Untypisch sind die Vorhänge, die in diesem Sommer die Bögen schmücken werden. Sie sind Teil der Kunstinstallation „Replika“, eines Projekts der Münchener Modedesignerin und Künstlerin Ayzit Bostan und des Fotografen und Industriedesigners Gerhardt Kellermann. Vorbild waren die Arkaden des Markusplatzes in Venedig. Bostan und Kellermann erinnern mit ihrem Projekt an die traditionelle Übernahme italienischer Bauweisen in die Münchener Architektur – und gleichzeitig erfinden sie einen altbekannten Münchener Ort neu. Am 20. Juli eröffnet die Installation mit einem großen Konzert. Bis zum 22. Oktober finden Lesungen und weitere Veranstaltungen statt. Im Interview erzählt Ayzit Bostan, dass sie sich mit „Replika“ einen Wunsch erfüllt hat.

Frau Bostan, wie kamen Sie auf die Idee, Vorhänge an die Arkaden des Münchener Hofgartens zu befestigen? Die Idee kam mir letztes Jahr auf der Kunstbiennale in Venedig. Ich stand am Markusplatz und sah diese wunderschönen Vorhänge an den Arkaden dort. Gleichzeitig ist mir die Verwandtschaft zwischen den Arkaden am Markusplatz und denen im Hofgarten in München aufgefallen. Aber in München fehlten die Vorhänge. In mir entstand ein Bild. Es wurde ein richtiger Wunsch von mir, diese Vision zu verwirklichen.

Wie kam es, dass dieser Wunsch nun in Erfüllung geht? Ich erfuhr von einem Kunstwettbewerb der Stadt München, in dem es um Kunst im öffentlichen Raum ging. Ich habe Gerhardt Kellermann, einen engen Freund von mir, gefragt, ob wir uns gemeinsam bewerben wollen. Er war sofort einverstanden, und wir haben ziemlich lange an dem Konzept gearbeitet. Im Dezember haben wir dann erfahren, dass aus 260 Bewerbern unser Projekt ausgewählt wurde.

Sie leben fast Ihr ganzes Leben in München. Was repräsentiert der Hofgarten für Sie? Ich mag diesen Ort sehr gerne, weil hier der Münchner Kunstverein seinen Sitz hat, den ich oft besuche, und meine Lieblingsbar, das Schumann´s, ist ebenfalls hier. Auf der anderen Seite herrscht hier eine etwas unsinnliche und unpoetische Atmosphäre.

Was genau meinen Sie damit? Der Hofgarten ist eher eine Art Durchgangsort. Viele Menschen kennen ihn, und die Lage ist sehr zentral, aber er lädt nicht unbedingt zum Bleiben ein. Vor allem die dunklen Arkaden sind nicht sehr einladend.

München gilt als eher konservativ und traditionsbewusst. Die Stadt ist nicht gerade berühmt für Kunstprojekte auf öffentlichen Plätzen. „Replika“ sticht da heraus. Möchten Sie den Blick der Menschen auf die Stadt München verändern? Auf jeden Fall. München ist vielleicht in dieser Hinsicht nicht sehr modern, aber ich habe gemerkt, dass die Stadt solchen Projekten sehr offen gegenüber steht, wenn sie sie schlüssig und ästhetisch findet. Man kann den Blick der Menschen auf den Hofgarten verändern und sie überraschen. Ich hoffe, dass sowohl die Besucher als auch die Anwohner, die am Hofgarten leben und arbeiten, diesen Platz neu entdecken und er lebendiger wird. München ist manchmal etwas langweilig und spießig. Deswegen ist es super, dass hier jetzt so etwas Spannendes passiert.

Ihr Projekt hat auch einen baugeschichtlichen Hintergrund. Es gibt die Tradition in München, italienische Bauweisen in die Architektur zu übernehmen. Das beste Beispiel dafür ist die Feldherrnhalle. Ihr Vorbild war die Loggia dei Lanzi in Florenz. Es gibt noch viele andere Bauwerke in München, die von italienischen Gebäuden inspiriert sind. Der Name „Replika“ bezieht sich daher auf die Replikation der Vorhänge in Venedig. Aber für uns ist dieser Name durchaus positiv besetzt. Es handelt sich nicht um eine bloße Kopie, sondern um eine respektvolle Anlehnung.

Sie sind Designerin und Künstlerin zugleich. Neben Ihrer eigenen Modekollektion machen Sie Fotografien, Videos und Performances. Woher kommt Ihre Hinwendung zur Kunst? Kunst hat mich einfach schon immer interessiert und inspiriert. Ich bin auch mit vielen Künstlern befreundet, so hat sich das einfach ergeben, dass ich selbst viel in dem Bereich mache.

Ihre Mode ist in Ihren Fotografien und Filmen immer zu sehen. Inwiefern ist Mode für Sie auch Kunst? Ich trenne nicht zwischen Design und Kunst. In beiden Disziplinen geht es um einen kreativen, künstlerischen und sehr persönlichen Prozess. Ich sehe da keinen großen Unterschied zwischen der Arbeitsweise von Künstlern und Designern. Meine Mode ist Teil meines kreativen Schaffens und Denkens, alles steht in einem Kontext.

Wenn Sie auf Ihre bisherigen Werke zurückschauen: Welche Rolle spielt „Replika“ in Ihrer gesamten Arbeit als Künstlerin? Es ist sicherlich eines der größten und am stärksten wahrgenommenen Projekte, die ich bisher gemacht habe. Es erweckt wahnsinnig viel Interesse bei der Presse. Erst jetzt im Laufe der Vorbereitung verstehen wir, wie groß „Replika“ ist. Für die Eröffnung am 20. Juli haben wir ein großes Konzert geplant, es treten tolle Künstler und Musiker auf. Ganz viele Freunde von mir reisen für das Event an. Ich freue mich schon wahnsinnig darauf. Für mich ist es wirklich ein Traum, der in Erfüllung geht.

Die Fragen stellte Silvia Ihring.

(c) Ayzit Bostan/Gerhardt Kellermann


3 Kommentare

  1.   Luise Maria Plenk

    Absolut verzichtbar


  2. […] Leben und Kommunikation thematisieren. “ (Quelle: Ausschreibungsunterlagen des Wettbewerbs) ZEIT Magazin, Abendzeitung, SPON haben brav berichtet und bei der Einweihung am vergangenen Freitag herrschte […]

 

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