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Shoperöffnung von Type Hype – Ein Gespräch mit Kirsten Dietz, der einen Hälfte des neuen Designlabels aus Berlin

 

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Wenn man während des Grafikdesignstudiums noch das Bleisetzen von Hand gelernt hat, ist eigentlich klar, dass auch der erste eigene Laden wie eine Bleisetzerei aussehen muss. Zumindest wenn die Rede von Kirsten Dietz und Jochen Rädeker ist, den Gründern der preisgekrönten Corporate Design-Agentur Strichpunkt. Nach 17 Jahren Markenentwicklung und -kommunikation, stets mit den Wünschen des Kunden im Blick, steht jetzt ihr ganz persönliches Projekt an: ein eigenes Designlabel. Ende November wurde bereits der Onlineshop von Type Hype gelauncht, heute, an Nikolaus, eröffnet der gleichnamige Laden in der Rosa-Luxemburg-Straße 9-13 in Berlin Mitte. Mit einem dreiköpfigen Designteam entwickeln die Beiden ihre Designs und drucken sie auf kleine schöne Dinge, wie Notizbücher, Geschirr oder Kissen. Bisher gibt es fünf Kollektionen: Din Berlin, Hauptstadt, Made in Mitte, Made in Mitte B/W und Luise, die jeweils aus einer anderen Zeit zitieren. Type Hype ist ein Spiel zwischen Analogem und Digitalem und der Manufakturcharakter ist auch in der Einrichtung des Ladens zu sehen. Rechts von der Milchbar steht eine alte, aber funktionstüchtige Corex, weiter hinten ein Original Heidelberger Tiegel. Ja, eine Milchbar ist fester Bestandteil des Ladenkonzepts, denn früher mussten die Drucker literweise Milch trinken, um den Bleistaub wieder aus dem Körper zu spülen. Eine Tradition, die Dietz und Rädeker mit ihrer Liebe zum Genuss verbinden. Kurz vor der Eröffnung haben wir ein Teil des Duos, Kirsten Dietz, getroffen

ZEITmagazin: Nach vielen und erfolgreichen Jahren mit Ihrer Design-Agentur Strichpunkt, haben Sie mit Type Hype Ihr eigenes Label gegründet. Wie kam es dazu?
Kirsten Dietz: Mein Partner Jochen Rädeker und ich kommen beide aus dem Print-Bereich und die Idee, Typografie auf andere Produkte wie Textilien, Porzellan oder Emaille zu übertragen, hat uns schon lange gereizt. Type Hype ist in erster Linie ein Onlineshop, über den wir die von uns gestalteten Produkte vertreiben. Der Laden in Berlin soll die Marke erlebbar machen. Denn mit jeder unserer fünf Designlinien erzählen wir eine Geschichte, die man vor Ort am besten sehen und fühlen kann.

ZEITmagazin: Zu dem Konzept des Ladens gehört auch Gastronomie in Form einer Milchbar. Schmeckt Essen denn besser, wenn man es von schönen Tellern isst?
Kirsten Dietz: Klar! Jochen Rädeker und ich genießen gutes Essen und wollten von Anfang an diese Leidenschaft in den Laden integrieren. Im Design wie auch bei Lebensmittel geht der Trend weg von der Massenproduktion, hin zum individuellen, guten Produkt. Type Hype bietet hochwertiges Design, so soll auch das Essen bei uns von hoher Qualität sein. Wir beziehen alles aus der Umgebung, zum Beispiel kommen unser Ziegenkäse und die Frischmilch vom Ökodorf Brodowin in Chorin in Brandenburg. Die Milch gibt es übrigens nicht nur zum Kaffee, sondern auch vom Zapfhahn, damit sich die Gäste ihre Milch in Flaschen abfüllen und mit nach Hause nehmen können. Auf laktosefreie Milch oder Sojamilch haben wir allerdings verzichtet.

ZEITmagazin: Damit unterscheiden Sie sich auf jeden Fall von den restlichen Cafés in Berlin Mitte.
Kirsten Dietz: Ja, wir haben uns ganz bewusst dafür entschieden, nur das ursprüngliche Tierprodukt anzubieten. Wir wollen es einfach halten, dafür aber gut. Auch zu zeigen, wo die Sachen herkommen, ist uns wichtig. Zum Beispiel kaufen wir unser Brot bei SoLuna in Kreuzberg, dazu gibt es dann Kräuterschmand oder einfach Fassbutter mit ein wenig Fleur de Sel. Für den Nachmittag haben wir Wein, und wer möchte, kann sich auch den mit nach Hause nehmen. Dazu gibt es Kleinigkeiten wie Käse, Oliven oder Schinken. Natürliches zu riechen und zu schmecken haben wir verlernt. Bei uns kann man das wieder üben.

ZEITmagazin: Wie zeigt sich dieser Anspruch bei Ihrem Design?
Kirsten Dietz: Wir arbeiten gerne mit Veredelungsprozessen, wie Stanzung, Drucklack oder Tiefprägungen. Das erklärt auch unsere Preise. Ein Buch mit den eben erwähnten Details kostet zum Beispiel 35 Euro. Unser Papier beziehen wir von Gmund am Tegernsee, die es noch von Hand schöpfen. Außerdem produzieren wir ausschließlich in Deutschland und dem deutschsprachigen Ausland. Unsere Kissenbezüge kommen zum Beispiel von einer österreichischen Leinenweberei und für die Lederwaren arbeiten wir mit einer Ledermanufaktur aus Berlin zusammen. Das sind alles inhabergeführte Manufakturen, wo noch der Chef selbst die Ware kontrolliert.

ZEITmagazin: Eine der fünf Designlinien von Type Hype heißt „Din Berlin“ – warum haben Sie genau dieser Schrift eine ganze Linie gewidmet?
Kirsten Dietz: Die Schrift steht für Berlin wie keine andere. Sie ist in den 20er Jahren für Siemens entwickelt worden und spielt auch heute noch eine große Rolle. Zum Beispiel wurde sie in abgewandelter Form für die Beschriftung deutscher Verkehrsschilder eingesetzt. Für unsere Linie haben wir die Originalschrift genommen und eine puristische und klare Kollektion entworfen. Diese Linie steht für das Berlin der 20er Jahre, die Zeit, in der die Industrie der Stadt entstanden ist, wo hingegen die Kollektion „Made in Mitte“ das heutige Berlin beschreibt.

ZEITmagazin: Das Design von Type Hype lebt von Buchstaben. Wie kann man mit Typografie Emotionen wecken?
Kirsten Dietz: Schrift wirkt sehr subtil. Wie beim Produktdesign auch muss man sich zu allererst fragen, was man sagen möchte. Mit unserem Konzept der unterschiedlichen Designlinien sprechen wir bewusst verschiedene Kunden und damit Emotionen an. Wir bauen jeweils kleine Welten auf, einzelne Designelemente erzählen dann die Geschichte. Für die Kollektion „Luise“ war Königin Luise von Mecklenburg-Strelitz unsere Inspiration. Wir haben den prunkvollen Stuck und die Ornamentik der Prachtbauten der damaligen Zeit abstrahiert und auf unser Design übertragen. In der Hauptstadtlinie sind die Schneidebrettchen aus Melamin, das es vor allem in der DDR gab. Auch die pastelligen Farben erinnern an die Zeit. Außerdem haben wir hier für Berlin typische Sehenswürdigkeiten aufgegriffen, wie den Checkpoint Charlie oder das Kino International. So entstehen „ostalgische“ Souvenirs, die nicht kitschig sind.

ZEITmagazin: Good design is a tough job“ ist der Titel Ihres gemeinsames Buches, das vor zwei Jahren erschienen ist. Wie unterscheidet sich gutes von schlechtem Design?
Kirsten Dietz: Design ist gut, wenn es einfach aussieht, auch wenn der Weg dorthin meist alles andere als das ist. Es muss sich für den Betrachter anfühlen, als wäre es, so wie es ist, genau richtig. Gutes Design ist, wenn man sich gern damit umgibt und es losgelöst von der Zeit funktioniert, also in der Zeit seiner Entstehung aber auch noch danach.

ZEITmagazin: An einer Stelle in ihrem Buch heißt es: „Ein schlechtes Buch schön gestaltet, ist Verrat am Leser“.
Kirsten Dietz: Beim Grafikdesign muss die Textebene immer mit der Bildebene einhergehen. Nur etwas hübsch aussehen zu lassen, funktioniert meistens nicht. Um etwas gut designen zu können, muss man wissen, was man gestaltet. Ein Verständnis für die Sprache ist beim Grafikdesign unerlässlich.

ZEITmagazin: Es gibt viele Designer, aber nur wenige arbeiten erfolgreich. Was braucht ein Designer, um sich heute durchsetzen zu können?
Kirsten Dietz: Ein Designer muss eigenständig arbeiten können und eine individuelle Handschrift haben. Außerdem braucht er sehr viel Selbstvertrauen. Und er muss sich und sein Produkt verkaufen können. Das ist heute wichtiger denn je. Die Konkurrenz ist groß, aber sie belebt auch das Geschäft. Es wichtig, über den Tellerrand zu blicken und zu sehen, was rechts und links von einem passiert.

ZEITmagazin: Zum Schluss bitte noch ein Tipp für alle nicht Grafiker. Bald ist Weihnachten und es werden wieder viele Weihnachtskarten verschickt. Wie wird der Weihnachtsgruß zu etwas Persönlichem?
Kirsten Dietz: Natürlich könnte ich jetzt sagen, dass wir die schönsten Weihnachtskugeln und –karten haben. Da ist auch was dran, aber das Beste ist immer noch, eine von Hand geschriebene Karte zu verschenken. Oder ein Geschenk, mit einer kleinen persönlichen Widmung drauf – je herzlicher sie ist, desto besser.

Die Fragen stellte Inga Krieger