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Ist das (erhebliche) Protest-Potenzial einer (möglichen) Sarrazin-Partei valide?

 

Ich habe kürzlich hier in diesem Blog das Potenzial einer (möglichen) „Sarrazin“-Partei auf 26 Prozent geschätzt. Die Zahl und die Methode haben eine lebhafte Diskussion hervorgerufen – über 100 Kommentare, zahlreiche E-Mails bislang.

Das an sich ist eine gute Sache: Viel zu selten werden Zahlen und vor allem die ihnen zugrunde liegenden Verfahren in der Öffentlichkeit diskutiert und hinterfragt. Das war übrigens eines der Motive, dieses Blog zu starten, damit es nicht immer nur heißt: „Eine Studie ergab, dass das Potenzial einer Sarrazin-Partei bei 26 Prozent liegt.“ Ende, aus, fertig.

Dass die Methode, die ich zur Potenzialbestimmung verwendet habe, tatsächlich gültige und zuverlässige Ergebnisse liefert, folgt nicht nur aus ihrer Logik. Es lässt sich auch (indirekt) zeigen, indem man weitere Fragen, die wir gestellt haben, hinzuzieht. Schon gezeigt hatte ich, dass das Potenzial für eine Sarrazin-Partei bei Nichtwählern der Wahl 2009 besonders hoch ist. Darüber hinaus haben wir allen 1000 Befragten auch folgende Frage gestellt:

„Und was halten Sie – ganz allgemein gesprochen – von den folgenden Politikern in Deutschland. Benutzen Sie dafür bitte ein Thermometer von +5 bis -5. +5 bedeutet, dass Sie sehr viel von dem Politiker halten; -5 bedeutet, dass Sie überhaupt nichts von dem Politiker halten.“

Unter anderem sollten die Befragten auch Thilo Sarrazin auf diesem Thermometer einstufen. Unterstellen wir für den Moment, dass die Antworten auf diese Frage nicht durch soziale Erwünschtheit (oder andere Störfaktoren) beeinflusst sind. Dann sollte gelten: Wer Sarrazin positiv bewertet, sollte eine von ihm angeführte Partei auch eher zu wählen bereit sein. Wer Sarrazin dagegen negativ bewertet, der sollte auch weniger willens sein, einer „Sarrazin“-Partei seine Stimme zu geben. In der Logik der Studie (siehe zur Methode meinen vorherigen Beitrag) sollte also gelten: Für Sarrazin-Befürworter sollte der zu beobachtende Unterschied in der mittleren Zahl wählbarer Parteien deutlich größer ausfallen als in der Sarrazin-skeptischen Gruppe.

Und genau so ist es, wie die folgende Abbildung zeigt:

In der Gruppe derer, die Thilo Sarrazin (sehr) positiv bewerten, ergibt sich ein Potenzial von 46 Prozent – dies gegenüber einem Potenzial von 19 bzw. 12 Prozent bei Personen, die ihm (vermeintlich) neutral bis negativ gegenüberstehen. Die Methode besteht demnach diesen Test problemlos.

(Die Daten wurde von YouGovPsychonomics im Zeitraum vom 20. bis zum 22. September erhoben, befragt wurden 1000 Personen.)