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Ein Plakat sagt mehr als 1000 Worte? Wahlplakate 2011

 

Wenn am kommenden Sonntag feststeht, wer zu den Verlierern der Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz gehört, dann wird mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder eine beliebte Erklärung hierfür zu hören sein: „Wir konnten den Wählern unsere Konzepte nicht gut genug vermitteln.“ Zwar steckt hinter dieser These zumeist der durchschaubare Versuch, die Verantwortlichkeit für die Wahlniederlage auf die (begriffsstutzigen) Wähler zu verschieben. Doch: Das bedeutet im Umkehrschluss nicht zwangsläufig, dass Kommunikationsschwierigkeiten zwischen Parteien und Wählern als Erklärung für das Wahlergebnis ausscheiden.

Betrachtet man die Kommunikation zwischen Parteien und Wählern im Vorfeld einer Wahl, so dominiert nach wie vor ein sehr traditioneller Kommunikationskanal: das Wahlplakat. Denn Wahlplakate sind noch immer die einzige Möglichkeit für die Parteien, mit ihren Botschaften fast die gesamte Wählerschaft zu erreichen. Alle anderen Werbemittel wie Fernseh- und Radiospots, Anzeigen, Flugblätter, Wahlkampfstände, Kundgebungen oder Webseiten werden jeweils nur von einem deutlich kleineren Teil der Wahlbevölkerung wahrgenommen bzw. genutzt (vgl. z.B. Schmitt-Beck/Wolsing 2010). Nicht ohne Grund wird den Wahlplakaten von den Wahlkampfmanagern also nach wie vor eine enorme Bedeutung zugemessen; was sich auch an der Tatsache ablesen lässt, dass etwa ein Drittel des Wahlkampfbudgets der Parteien auf den Plakat-Wahlkampf entfällt (vgl. z.B. Müller 2002, Lessinger/Holtz-Bacha 2010).

Doch zurück zu den aktuellen Landtagswahlkämpfen: Eine aktuelle Studie der Universität Hohenheim zu den Plakat-Kampagnen in Baden-Württemberg lässt darauf schließen, dass es den Parteien tatsächlich vielfach nicht gelingt, ihre Botschaften erfolgreich zu vermitteln – zumindest, was die Plakat-Werbung betrifft. So zeigte sich etwa, dass bei einem Multiple-Choice-Test nur ein Drittel der über 400 für die Studie befragten Testpersonen in der Lage war, einem Plakat der FDP zur Haushaltspolitik die korrekte Aussage zuzuordnen. Ein Plakat der SPD zur Integrationspolitik schnitt nicht viel besser ab, hier konnte knapp die Hälfte der Befragten die Aussage des Plakats richtig deuten. Auch die Grünen überforderten immerhin noch etwa 30 Prozent der Befragten mit ihrem Plakat „Die neue Ellenbogen-Gesellschaft“.

Am verständlichsten bewerteten die Befragten hingegen ein Plakat der Linkspartei mit dem Slogan „Aktiv gegen Kinderarmut und Hartz IV!“. Ähnlich gut schnitt ein CDU-Plakat zur Bildungspolitik („Viele Chancen auf gute Bildung“) und ein SPD-Plakat zum Thema Arbeit („Wir brauchen Arbeit, von der man gut leben kann.“) ab. Diese beiden Plakate wurden zugleich auch als besonders glaubwürdig wahrgenommen.

Betrachtet man die Plakat-Kampagnen der Parteien in Baden-Württemberg im Vergleich, so lässt sich in der Tat feststellen, dass insbesondere die SPD mit Fug und Recht behaupten könnte, ihre Konzepte den Wählern nicht gut genug vermittelt zu haben. Denn ihr Plakat-Design arbeitet großenteils mit Fragen, die sich keineswegs selbst beantworten, versteckt die Antworten darauf aber trotzdem im kaum lesbaren „Kleingedruckten“ der Plakate. Auch die äußerst kleinteiligen Foto-Motive können dabei leider kaum zur Aufklärung beitragen. Dass die SPD das besser kann, hat sie in zahlreichen früheren Wahlkämpfen bewiesen. Und nicht nur das: Auch ein Blick in die aktuelle Plakat-Kampagne der SPD in Rheinland-Pfalz genügt, um zu zeigen, wie verständliche Wahlplakate aussehen.

Quellen:

Lessinger, Eva-Maria / Holtz-Bacha, Christina (2010): “Wir haben mehr zu bieten”: Die Plakatkampagnen zu Europa- und Bundestagswahl. In: Holtz-Bacha, Christina (Hrsg.) (2010): Die Massenmedien im Wahlkampf: Das Wahljahr 2009. Wiesbaden: VS Verlag, S. 67-116.
Müller, Marion G. (2002): Parteienwerbung im Bundestagswahlkampf 2002. In: MediaPerspektiven 12/2002, S. 629-638.
Schmitt-Beck, Rüdiger / Wolsing, Ansgar (2010): Der Wähler begegnet den Parteien. Direkte Kontakte mit der Kampagnenkommunikation der Parteien und ihr Einfluss auf das Wählerverhalten bei der Bundestagswahl 2009. In: Korte, Karl-Rudolf (Hrsg.): Die Bundestagswahl 2009: Analysen der Wahl-, Parteien-, Kommunikations- und Regierungsforschung. Wiesbaden: VS Verlag, S. 48-68.