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Peer lässt bloggen, das Netz spottet

 

Ach Peer! Ne, so richtig gut gefällt uns Dein neues Blog leider nicht.

(Wir würden den Kanzlerkandidaten hier übrigens nicht duzen, wenn seine Unterstützer nicht konsequent auf seinen Nachnamen verzichteten.)

An sich ist die Idee ja nicht mal schlecht. Dass ein paar profilierte Schreiber sich im Wahlkampf engagieren. Dass dieses Team autonom vor sich hin arbeitet, abseits verkrusteter Parteistrukturen. Das macht es der chronisch nörgelnden SPD schwerer, sich einzumischen. Ja und auch gegen Blogs haben wir von Zeit ONLINE natürlich rein gar nichts.

Aber trotzdem: Irgendwie haut das neue PeerBlog nicht hin.

Es beginnt mit dem Ton. Der ist manchmal ziemlich plump: „Peer fordert zweites Duell – Merkel kneift“. Das könnte auch von der Pressestelle im Willy-Brandt-Haus kommen.

An anderen Stellen ist der Ton überaus großspurig. Kein geringerer als Barack Obama dient den Peer-Bloggern als Vorbild. Wie man gleich im ersten Absatz der Selbstdarstellung erfährt. Und, ja, auch die „arabischen Revolutionen“ bezeichnen die Autoren lässig als ihre geistigen Paten. Kleiner geht es kaum.

Kein Wunder also, dass das Feedback auf das neue PeerBlog bislang recht negativ ausfällt. Die SPD selbst schweigt mehrheitlich, verlinkt jedenfalls nicht prominent auf das Blog, das ja seinerseits so stolz darauf ist, nicht von irgendwelchen Parteihanseln geführt zu werden. Der netzpolitische Sprecher der SPD, Lars Klingbeil, twitterte heute lediglich mit viel Dialektik: „Ich werde nicht über ein Blog twittern.“

Jenseits der SPD wird gelästert, was das Zeugs hält. Viele stört, dass über die Finanzierung des Projekts wenig bekannt ist. Laut Spiegel würden die Blogger „fürstlich“ von diversen Unternehmern bezahlt, von einer „sechsstelligen Summe“ ist die Rede. Nur, um welche Spender es sich handelt, das verrät die Transparenz-Partei SPD bisher nicht.

Ein bayerischer Spitzen-Pirat bezeichnet Steinbrück deshalb via Twitter als den wahren „Genossen der Bosse“. Der netzpolitische Sprecher der Grünen, Konstantin von Norz, schreibt, dass er das Blog „unter Transparenz + Parteienfinanzierungsaspekten problematisch“ finde.

Erst der Online-Berater, der nach wenigen Tagen und ein paar Enthüllungen über seine bisherigen Auftraggeber den Job bei Steinbrück wieder aufgab. Dann Steinbrücks Bekenntnis, nicht selbst seinen Twitter-Account zu befüllen, sondern einem Mitarbeiter die Postings zu diktieren. Online-mäßig, so muss man wohl resümieren, steht die SPD-Kampagne in diesem Wahlkampf bislang unter keinem guten Stern.

Update vom 5.2.2013: Steinbrück hat auf seiner Reise nach London inzwischen bestritten, „die Investoren“ seines Bloggs zu kennen. Das allerdings widerspricht dem Rechercheergebnis von sz.de.

Mitarbeit: Juliane Leopold