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Positionieren und Mobilisieren – was von der Alternative für Deutschland zu erwarten ist

 

Mit der Alternative für Deutschland (AfD) hat eine neue Partei die politische Bühne betreten. Ihr Wählerpotenzial ist schwer einzuschätzen, auch wenn derzeit diverse Analysen von Meinungsforschungsinstituten kursieren. Für belastbare Aussagen ist es einfach noch zu früh, die Partei ist zu jung. Bereits klar ist dessen ungeachtet aber, dass die AfD für die etablierten Parteien unbequem sein wird. Sie bezieht zu einem Thema Stellung, dass von allen im Bundestag vertretenen Parteien sehr vorsichtig behandelt wird und bei dem es eigentlich für alle nichts zu gewinnen, aber viel zu verlieren gibt: die Zukunft des Euro.

Bedenkt man, dass im Herbst kein sehr deutliches Wahlergebnis zu erwarten ist – weder ein so gutes Ergebnis für Union und FDP wie beim letzten Mal, noch ein erdrutschartiger Sieg der Opposition – dann wird schnell klar, dass die AfD auch dann eine entscheidende Rolle für die Regierungsbildung spielen kann, wenn sie selbst nicht ins Parlament einzieht. Schon wenn ihr Stück vom Kuchen zwei oder drei Prozent betragen würde, könnte das entscheidende Auswirkungen auf das Kräfteverhältnis im Bundestag haben.

Andererseits zeigt beispielsweise die Entwicklung der Piraten, dass ein schneller Aufstieg kein Garant für dauerhafte bundespolitische Relevanz ist. Für eine Einschätzung der Möglichkeiten der AfD ist sie dennoch ein guter Referenzpunkt. Aus der Wahlforschung wissen wir, dass drei Faktoren die Wahlentscheidung der Bürger beeinflussen: Partei-Identifikation, Themen und Personen. Da heute immer weniger Wähler eine starke grundsätzliche Partei-Identifikation haben, kommt es mehr darauf an, für welche konkreten Themen die Partei steht und welche konkreten Personen für die Partei stehen.

Die Euro-Gegner der AfD haben mit dem „Euro-Aus“ ein sogenanntes Positionsthema. Hierunter werden in der Forschung Themen verstanden, zu denen Bürgerinnen und Bürger relativ leicht Position beziehen können, da sie ihnen klare Alternativen vor Augen halten: ja oder nein, drin oder draußen! In den siebziger und achtziger Jahren war der EU-Beitritt in vielen Ländern ein solch klassisches Positionsthema; auch bei gesellschaftspolitischen Fragen wie Präimplantationsdiagnostik (PID) oder die Homo-Ehe oder eben in der Wirtschafts- und Sozialpolitik, wo oft eher graduelle Meinungsunterschiede bestehen (etwa über die Höhe von Steuer- und Beitragssätzen), tauchen immer wieder solche vermeintlich dichotomen Positionsthemen auf, etwa die Rente mit 67 oder die Frage nach Euro-Bonds.

Die Gemeinsamkeit dieser Themen ist, dass sie emotionalisieren – und damit mobilisieren. Es bleibt also festzuhalten, dass die neue Partei, abgesehen vom Wahlergebnis, dass wir erst im September kennen werden, bereits heute Aufmerksamkeit generiert, womit gleichsam auch ihr Thema in der öffentlichen Wahrnehmung verankert wird. Somit kommen die etablierten Parteien nicht umhin, sich mit der AfD und ihrer Position auseinanderzusetzen.

Der Weg, den die AfD einschlagen wird, ist dabei ungewiss. Die Piraten jedenfalls erleben nach dem Aufschwung der vergangenen Jahre gerade einen Abschwung in der Wählergunst. Allerdings sind sie auf Länderebene bereits in einigen Parlamenten vertreten. Ob der AfD Ähnliches gelingt, ist fraglich – schließlich hat sie eben ein klar bundespolitisches Thema, während die Piraten eher für eine neue Art des Politikmachens stehen, die auf verschiedene Regionen und Ebenen übertragbar ist.

Umgekehrt hat die AfD den Vorteil, dass ihr Thema klar umrissen ist und somit für die Mobilisierung von Wählern besser geeignet sein könnte. Diesbezüglich könnte auch ein Vergleich mit der WASG interessant sein, die ebenfalls mit klaren inhaltlichen Positionen gestartet ist und nun als Die Linke signifikanten Einfluss ausüben kann. Dies jedoch gelang nur durch die Fusion mit der Linkspartei. Ob die Alternative für Deutschland einen solchen etablierten Partner finden könnte und möchte, ist derzeit ebenso ungewiss wie ihr eigenes Wählerpotenzial.