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Konfitüre für Briefwähler

 

Briefwähler-Kampagne der CDU
Screenshot aus dem CDU-Video

Die CDU-Wahlkampagne setzt jetzt auf Marmeladenbrot: Weißer Quark, darauf ein Konfitüren-Wahlkreuz in Quietsch-Orange – der Kampagnenfarbe der Christdemokraten. Jedem Besucher der Partei-Homepage prangt der Frühstückssnack derzeit prominent entgegen. „So funktioniert die Briefwahl“, ist ein Filmchen in dem Marmeladenquark-Bild übertitelt, auf das der Besucher klicken soll.

Er landet in der christdemokratisch heilen Wahlkampf-Spot-Welt: Opa und Enkelin am Frühstückstisch. Es gibt Kaffee, eingängige Musik, das quietschgelbe Marmeladenglas ist geöffnet. Sie sagt: „Wir machen unser Kreuz!“ Er sagt: „Zu Hause, das ist ganz einfach.“ Eine freundliche Stimme aus dem Off erklärt dann mithilfe eines von der Filmtochter gehaltenen iPads, wie Bürger die Briefwahl-Unterlagen beantragen können. Und was danach zu tun ist.

Zuerst die technische Seite: „Vergessen Sie bitte nicht, den Wahlschein auszufüllen und zu unterschreiben“. Dann das Inhaltliche: „Bitte geben Sie beide Stimmen der CDU. Damit Deutschland auch weiterhin in guten Händen ist.“

Was auf den ersten Blick eher skurril anmutet, hat für die Wahlstrategen einen ernsten Hintergrund. Die CDU-Führung fürchtet, dass viele ihrer Anhänger am Wahlabend zu Hause bleiben könnten. Kontroverse Wahlkampf-Inhalte gibt es bisher kaum, Deutschland geht es gut. Angela Merkels Strategie der asymmetrischen Demobilisierung, des Themen-Klaus von den Sozialdemokraten, geht voll auf. Sowieso glaubt ganz Deutschland und inzwischen auch Teile der SPD, dass Merkel Kanzlerin bleibt.

Zweitstimme ist Kanzlerinnenstimme

Warum also wählen gehen am 22. September?  Den Alten könnte der Weg ins Wahllokal zu beschwerlich sein, die Jungen haben an einem Sonntagabend vielleicht sowieso besseres zu tun. Das ist der Nachteil der sedierenden Wahlkampfstrategie der Kanzlerin. Sie könnte die Wahlbeteiligung drücken und ihr so am Ende wie ein Boomerang gar selbst schaden. In der CDU-Spitze verweisen sie da sorgenvoll auf die Landtagswahl in Niedersachsen, die um lediglich 300 Stimmen verloren ging. Auch deshalb wird die Kanzlerin in den Fernsehinterviews, die sie derzeit so gibt, nicht müde zu betonen, dass es am 22. September „ganz eng“ werden könnte.

Jetzt nehmen die Strategen also den Briefwähler in den Fokus. Auch 2009 haben vor allem die konservativen Älteren diese Form der Stimmabgabe genutzt. Auf keiner Partei-Website ist der Briefwahl-Aufruf so prominent platziert wie bei der CDU. Auch das Timing stimmt: Diese Woche werden die Wahlunterlagen versandt.

Noch eine Sache ist auffällig: Wie sehr das Video darauf drängt, doch bitte beide Stimmen bei der CDU zu machen. „Übrigens, die Zweitstimme ist die Merkel-Stimme“, heißt es in dem Filmchen. Soll bloß keiner auf die Idee kommen, mit einer Stimme für die FDP die schwarz-gelbe Koalition zu sichern. Wie das ausgegangen ist, auch das hat das CDU-Trauma Niedersachsen gezeigt. Dort regiert jetzt die SPD.

Einen kleinen Webfehler scheint die Kampagne allerdings zu haben: Der Briefwahl-Werbe-Film soll erstmal nicht im Fernsehen, sondern nur auf der Homepage zu sehen sein. Doch ob die angesprochenen CDU-Anhänger so aktiv ihren Weg dorthin finden?