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Erfolge einer Ökodiktatur

 

Wer sich in diesen Tagen in Peking aufhält, hat es nicht leicht: In der von Autos völlig verstopften Stadt ist es diesig, die Luft riecht nach Schwefel – und das bei stickigen 35 Grad. Die US-Botschaft, die regelmäßig Messungen über die Feinstaubwerte vornimmt und die Daten ins Netz stellt, meldet: hazardous – gefährlich. Dennoch muss sich die chinesische Verhandlungsdelegation bei der Klimakonferenz in Rio nicht verstecken. Denn tatsächlich gibt es kein Land, das derzeit so viel Geld für den Klimaschutz ausgibt wie China.

Zwar hat China im vergangenen Jahr 720 Millionen Tonnen mehr Kohlendioxid in die Atmosphäre geblasen als 2010. Das sind noch einmal ordentliche 9,3 Prozent mehr als 2011. Und China hat damit die USA endgültig als weltgrößter Emittent von klimaschädlichem CO2 abgelöst. Und dennoch: Fatik Birol, der Chefvolkswirt der Internationalen Energie Agentur, sagt: „Was China über einen so kurzen Zeitraum an Verbesserung der Energieeffizienz und der Bereitstellung an sauberer Energie geleistet hat, zahlt sich für die globale Umwelt jetzt schon aus.“

Tatsächlich hat China 2011 mehr als 52 Milliarden US-Dollar für den Ausbau von regenerativer Energie und Energieeffizienz ausgegeben – eine Milliarde mehr als die USA. Das entspricht einer Steigerung von 17 Prozent. Das reicht zwar bei Weitem nicht aus. Denn bei Wachstumsraten von zehn Prozent und mehr steigt der CO2-Ausstoß rasant. Und wenn man sich anschaut, dass der Anteil regenerativer Energie immer noch gerade bei 1,5 Prozent liegt, ist das auf keinen Fall genug. Aber China holt auf. Und hätte der Staat nicht so stark eingegriffen, läge der Ausstoß um mehr als 1,5 Milliarden Tonnen höher.

Erste Erfolge lassen sich auch schon besichtigen. Ich bin neulich in Goldmud in der Provinz Qinghai gewesen, einer Stadt in der Wüste am Rande des tibetischen Hochplateaus. Dort haben chinesische Solarfirmen wie Yingli und Suntech das derzeit größte Solarkraftwerk der Welt errichtet. Zwei Gigawatt Leistung soll die Anlage schon bald produzieren. Das entspricht der Leistung von Biblis A.

Selbst Greenpeace erkennt die Bemühungen der chinesischen Führung an. „China hat in den vergangenen Jahren beeindruckende Fortschritte erzielt“, sagt Li Yan vom Greenpeace-Büro in Peking und verweist darauf, dass sich in China inzwischen auch der größte Markt für Windkraftanlagen entwickelt hat.

Der Club of Rome, ein Zusammenschluss renommierter Unternehmer, Wissenschaftler und Ökonomen, der schon in den siebziger Jahren auf die Grenzen des Wachstums hingewiesen hat, wagt in einer von ihr verfassten Studie sogar die kühne Behauptung: Die Einparteiendiktatur in China werde den Klimawandel sehr viel besser in Griff bekommen als die westlichen Demokratien. In China sei der Markt dazu da, politische Entscheidungen auszuführen, nicht umgekehrt.

Diese Behauptung halte ich dann aber doch für etwas gewagt. Chris Chaplin vom World Wide Fund (WWF) Asian Pacific etwa verweist auf Länder wie Deutschland, Norwegen und Schweden, die beim Klimaschutz noch sehr viel erfolgreicher sind als China. Und das sind ja lebendige Demokratien.

Um konkrete Erfolge vorweisen zu können, kann die chinesische Regierung vielleicht mal eben Fabriken schließen und Fahrverbote erteilen. Von Dauer sind diese Verbote aber nicht. Langfristig müssen autoritäre Regime genauso auf ein gesellschaftliches Umdenken setzen – da hat es ein autoritäres Regime nicht einfacher als die Regierung einer Demokratie.