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Die Milchpulverschmuggler aus China

 

Vier Jahre ist es her, dass in China fast 300.000 Neugeborene wegen Melamin im Milchpulver erkrankten. Sechs Babys starben damals durch die gepanschte Milch. Heimische Hersteller hatten Melamin in ihr Milchpulver gemischt, um einen höheren Eiweißgehalt vorzutäuschen. Heute, sagen die chinesischen Behörden, habe der Skandal keine Bedeutung mehr. So gut wie alle getesteten Milchpulverprodukte aus heimischer Herstellung seien bedenkenlos.

Chinesische Eltern kaufen trotzdem lieber Milchpulver im Ausland – und zwar so viel, dass Milchpulver inzwischen weltweit knapp wird. „Aufgrund der enormen Nachfrage aus Asien und besonders aus China“ seien einzelne Produkte zeitweise nur schwer erhältlich, bestätigt Milupa. Stefan Stohl, der Sprecher von Deutschlands größtem Milchpulverhersteller, sagt, er habe Hinweise darauf, dass inzwischen sogar Großhändler die Bestände von deutschen Supermärkten und Drogerien aufkauften.

Besonders dramatisch ist der Milchpulvermangel in Hongkong. In der Sonderverwaltungszone gelten andere Handelsgesetze als in der Volksrepublik, und es heißt, die Lebensmittelkontrollen seien dort auch verlässlicher. Seit Monaten sind die Regale für Babynahrung in Hongkong deshalb wie leergefegt.

Inzwischen hat die Regierung die Ausfuhr von Milchpulver radikal begrenzt. Maximal zwei Dosen dürfen Reisende in die Volksrepublik China seit dem 1. März mit über die Grenze nehmen. Regelverstöße werden mit Geldstrafen von umgerechnet maximal 50.000 Euro oder mit maximal zwei Jahren Haft geahndet. Trotz der harten Strafen haben Zollbeamte bereits in der ersten Woche 45 angebliche Milchpulverschmuggler aufgegriffen.

Das Milchpulver wird in China zu horrenden Preisen weiterverkauft. Auf Taobao, dem chinesischen Pendant zu Ebay, kostet eine Dose aus deutscher Herstellung umgerechnet bis zu hundert Euro. Zum Vergleich: In Deutschland ist eine 800-Gramm-Dose Aptamil Pre von Milupa für rund 15 Euro erhältlich.

Milupa will darauf reagieren und im Werk Fulda bald mehr produzieren. Es werde aber ein wenig dauern, ausreichend Kapazitäten aufzubauen, sagt Sprecher Stohl. Schließlich werde nach hohen Qualitätsstandards produziert. Chinesischen Eltern wird das gefallen.