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Die Rache der Chinesen

 

Die Reaktion kam schnell. Nur wenige Stunden nachdem die EU-Kommission am Dienstag den vorläufigen Strafzoll auf chinesische Solarprodukte verhängt hatte, holte Chinas Handelsministerium zum Gegenschlag aus. Man werde prüfen, ob europäische Winzer in China Weine zu Dumping-Preisen anbieten, sagte ein Sprecher. Möglicherweise machten die EU-Winzer ihre Geschäfte mithilfe unzulässiger Subventionen.

Das chinesische Handelsministerium vermied es bei dieser Ankündigung, explizit auf die Strafzölle der EU im Solarstreit einzugehen. Dafür meldete sie sich in einer separaten Stellungnahme zum Solarstreit zu Wort: „Wir hoffen, dass die Europäische Union auch künftig aufrecht und flexibel bleibt und über Verhandlungen zu Lösungen findet.“ Den EU-Beschluss vom Dienstag lehne China entschieden ab.

Damit erreicht der Handelsstreit zwischen der Volksrepublik und der EU einen neuen Höhepunkt. Zwar hat die EU-Kommission mit ihrem Beschluss, bereits ab Donnerstag Schutzzölle auf Solarmodule aus China von durchschnittlich 11,8 Prozent zu erheben, bei weitem nicht den Strafzoll gewählt, den sie eigentlich vorgesehen hatte. Der Satz in Höhe von bis zu 68 Prozent soll erst ab dem 6. August gelten – falls es bis dahin zu keiner Einigung kommt. Doch mit dem angekündigten Anti-Dumping-Verfahren auf europäischen Wein will die chinesische Seite offenbar den Preis bei den weiteren Verhandlungsrunden in die Höhe treiben. Bereits vergangene Woche hatte Chinas Handelsministerium ein Anti-Dumping-Verfahren auf einzelne Chemie-Importe aus Europa angekündigt.

So sehr China jetzt die Säbel rasseln lässt – wirklich große Auswirkungen dürfte die chinesische Drohung gegen die Winzer nicht haben. Zwar importierten die Chinesen allein im vergangenen Jahr 290 Millionen Liter Wein aus den Ländern der Europäischen Union. Allein für französischen Wein ist China inzwischen der drittgrößte Exportmarkt. Viele europäische Weinsorten werden in der Volksrepublik jedoch von wohlhabenden Chinesen gekauft.

Auf sie wird ohnehin bereits eine Luxussteuer von bis zu 80 Prozent erhoben. Ein Dumping-Verfahren dürfte demnach auch nach chinesischem Recht schwer werden – zumal diese Luxussteuer nach Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) ohnehin fraglich ist. China ist seit 2001 WTO-Mitglied. Und selbst ein weiterer Strafzoll dürfte reiche Chinesen nicht nennenswert vom Konsum europäischen Weins abhalten.