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Chinas ehrgeizige Pläne im All

 

Der Start war präzise. Auf die Sekunde genau startete am Dienstagnachmittag die Trägerrakete vom Weltraumbahnhof Jiuquan. Sie rast nun mit dem Raumschiff Shenzhou 10 in den Himmel über das Grasland der Inneren Mongolei. 15 Tage wird die Besatzung mit drei Mitgliedern unterwegs sein. Die Rakete soll am Raummodul „Tiangong-1“ andocken, das seit drei Jahren die Erde umkreist. Es ist der bislang längste Flug von Chinesen im All.

Die Mission ist Teil von Chinas ehrgeizigem Raumfahrtprogramm. Bereits 2020 will die Volksrepublik eine dauerhafte Raumstation im Weltraum betreiben. Ihre Größe soll nur ein Fünftel der Internationale Raumstation ISS ausmachen. Die Arbeit auf der ISS aber wird bis dahin eingestellt sein. China wird dann das einzige Land mit einem ständigen Außenposten im All sein. China plant zudem regelmäßige Flüge zum Mond. Auch soll das Satellitennetz ausgebaut werden, um das Navigationssystem Beidou zu verbessern.

Ursprünglich wollte sich China auch an der ISS beteiligen. Das Raumfahrtprogramm wird von den USA, Russland, der Europäer sowie Japan und Kanada betrieben. Die Amerikaner legten jedoch ein Votum gegen die Chinesen ein. Deshalb trieb die Volksrepublik ihr eigenes Raumfahrtprogramm voran.

Lange Zeit wurde das im Ausland belächelt. Nach mehreren Fehlstarts von Trägerraketen gelang der Volksrepublik 2003 ihr erster bemannter Raumflug. Der Taikonaut Yang Liwei traute sich damals gerade einmal für 21 Stunden ins All. 2005 startete der zweite bemannte Raumflug. Drei Jahre später wagten die Taikonauten erstmals einen Spaziergang im Weltraum. Im vergangenen Jahr gelang den Chinesen ein weiterer Durchbruch: Eine bemannte Shenzhou befand sich damals 14 Tage im All. Den Taikonauten gelangen komplizierte Andockmanöver.

Damals war zum ersten Mal eine Frau an Bord. Dieses Mal reist mit Wang Yaping mit. Der Flug sei die Erfüllung des „chinesischen Traums“ von einem starken und wohlhabenden China, sagte die 33-Jährige vor dem Start. Bei dem Flug soll sie via Videoübertragung erstmals auch chinesische Mittel- und Grundschüler unterrichten. Vorgesehen sind Lehreinheiten in Schwerelosigkeit, Oberflächenspannung von Flüssigkeiten sowie der Unterschied von Gewicht und Masse.

„Die Chinesen sind nicht so weit hinter den Amerikanern, wie manche Leute denken“, sagte der australische Raumfahrtexperte Morris Jones nach der gelungenen Weltraummission vor einem Jahr. Angesichts der rasanten Fortschritte gebe es für die Chinesen allen Grund, stolz zu sein. Die USA und Russland haben mit ihren Weltraumprogrammen eigentlich einen zeitlichen Vorsprung von 40 Jahren. Während die beiden einstigen Weltmächte bereits in den 1950er Jahren ihre Programme starteten, begann China mit der bemannten Raumfahrt erst 1990. Der zeitliche Vorteil schmelze nun dahin, so Jones.

China betreibt sein Weltraumprogramm in erster Linie aus Prestigegründen. Die inzwischen zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt will beweisen, dass sie nicht nur Konsumartikel günstig herstellen kann und zur Werkbank der Welt aufgestiegen ist, sondern auch technisch mit den USA mithalten kann.

Und doch sind auch die militärischen und wirtschaftlichen Interessen unverkennbar. Das chinesische Raketenprogramm ist dem Militär untergeordnet. Auch wenn Chinas Führung offiziellen Verlautbarungen zufolge weiterhin darauf pocht, seine Ambitionen im Weltall dienten der Weiterentwicklung von Wetter- und Nachrichtensatelliten, zeigen sich längst auf allen Ebenen auch die militärischen Ambitionen. Mit den technisch immer besseren Satelliten etwa, die die Chinesen inzwischen betreiben, können sie gezielt in aller Welt zu Spionagezwecken Daten sammeln und ganze Kommunikationssysteme stören.

Die Amerikaner hingegen streichen parallel zu Chinas Ausbauplänen das Geld für ihrer staatlichen Raumfahrtprojekte, und zwar drastisch. US-Präsident Barack Obama hat bereits 2010 einen Stopp des Mondflugprogramms angekündigt und hofft seitdem auf mehr Kooperationen mit der Industrie und privaten Raumfahrtfirmen. Bislang ohne Erfolg. Amerikas Raumfahrt befindet sich seitdem im Niedergang.