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Bitcoin wird chinesischer

 

Die digitale Währung Bitcoin wurde von einem oder mehreren anonymen Hackern unter dem japanischen Pseudonym Satoshi Nakamoto erfunden. Dann wurde sie in den USA und Europa populär. Jetzt beginnt jedoch China, die Krypto-Währung zu dominieren. „China ist das Land mit den meisten Erstanwendern“, sagt der Bitcoin-Investor Roger Ver dem Internetmagazin Wired. Bitcoin China hat sich damit zur größten Bitcoin-Börse der Welt entwickelt.

Die Logik ist einfach – und sie ähnelt vielen anderen Geschichten dieser Tage: Die schiere Masse der Marktteilnehmer in China bringt gewaltige Marktbewegungen, wenn dort etwas in Mode kommt. Seit vergangenem Jahr hat sich der Wert von Bitcoin gegenüber dem Dollar rund verfünffacht. Ursache war vor allem das Interesse aus China.

Bitcoin ist eine virtuelle, dezentral eingerichtete Währung. Sie entzieht sich der Kontrolle durch Regierungen und Notenbanken. Deshalb ist es erstaunlich, dass der chinesische Staatssender CCTV eine Reihe von positiven Berichten über die Währung gebracht hat. Einige US-Medien schlussfolgern daraus gleich, dass Bitcoin jetzt den Segen der Führung der Kommunistischen Partei hat. In Wirklichkeit bedeutet das nur, dass Bitcoin das Interesse der Journalisten bei CCTV geweckt hat – das Politbüro kümmert sich nicht um jedes einzelne Thema.

Die chinesische Führung ist durchaus misstrauisch gegenüber Konkurrenz zum Renminbi, der offiziellen Währung des Landes. Selbst der ist nicht frei am Markt handelbar – warum sollten die KP dann die Anarcho-Währung unterstützen, die zudem im Ruf steht, den Handel mit Drogen und anderen illegalen Waren zu vereinfachen? 

Die chinesische Regierung hat bereits einmal eine digitale Währung plattgemacht. Der einheimische Internetkonzern Tencent hatte die Geldeinheit „Q-Coin“ herausgebracht. Sie dienten der Bezahlung innerhalb seiner verschiedenen Webdienste. Sobald sich herumgesprochen hatte, dass der Wert eines Q-Coin stabiler ist als der Wert eines Renminbi, stiegen zahlreiche Chinesen als Investoren ein. Irgendwann fiel der Regierung auf, dass mehr als zehn Prozent des umlaufenden Gelds in Q-Coins angelegt waren. Die Regierung hat die Benutzung von Q-Coins daraufhin einschränken lassen. Anders gesagt: China  hat den ganzen Hype mit digitalen Währungen bereits hinter sich.

Oder vor sich, denn Bitcoin ist tatsächlich gerade das ganz große Ding in Fernost. Die Chinesen suchen immer nach schlauen Möglichkeiten, ihr Geld anzulegen – möglichst schlauer als der Nachbar und alle anderen. Derzeit scheint Bitcoin hier die Anlageklasse der Wahl zu sein. Und wenn in China so ein Trend ins Rutschen gerät, dann ist er kaum aufzuhalten. Das hat schon zu mehreren Blasen am Aktienmarkt in Shanghai geführt, einer Blase um den Preis von muffig schmeckendem Tee oder Salz.

Damit ist zu erwarten, dass Chinas leicht zu begeisternde Privatanleger den Kurs von Bitcoin weiter hochtreiben, wenn immer mehr von ihnen von den Kursgewinnen hören und aufspringen. Ein weiterer Vorteil: Sie können damit die Devisenbeschränkungen des Landes umgehen, denn die Währung wird direkt ohne Mittelsmänner und Kontrollen zwischen den Marktteilnehmern übertragen. Aus all diesen Gründen wird die Führung dann jedoch doch irgendwann eingreifen – wenn sie nach der Aufregung um ihr Drittes Plenum wieder Zeit hat, sich mit so mondänen Dingen wie Internetgeld zu beschäftigen.