Für sage und schreibe 19 Milliarden US-Dollar kauft Facebook seinen bisherigen Konkurrenten, den Kurznachrichtendienst WhatsApp. 1,2 Milliarden Mitglieder zählt Facebook-Chef Mark Zuckerberg auf der von ihm gegründeten Plattform bereits. WhatsApp nutzen weltweit 450 Millionen. Das ist der bislang größte Zusammenschluss, den es im Marktsegment der Sozialen Netzwerke gegeben hat, und dürftige die bisherige Dominanz von Facebook festigen – vorerst. Denn Zuckerberg hat nicht die Rechnung mit einem chinesischen Anbieter gemacht.
Chinas Internetriese Tencent ist mit seinen sozialen Netzwerken ebenfalls extrem erfolgreich. Mit seinem Kurznachrichtendienst WeChat (chinesisch: Weixin) zählt der chinesische Anbieter nach eigenen Angaben rund 600 Millionen Nutzer, davon 100 Millionen im Ausland. Allein im vergangenen halben Jahr soll sich die Nutzerzahl fast verdoppelt haben. Tendenz weiter steigend: Auf ziemlich allen neu erworbenen chinesischen Smartphones ist WeChat inzwischen vorinstalliert. Das allein ist bereits enorm. Was das chinesische Pendant von WhatsApp vor allem aber unterscheidet: Mutterkonzern Tencent verdient mit WeChat auch schon Geld.
Zuckerberg hat bislang offengelassen, wie er den Kaufpreis von 19 Milliarden Dollar für WhatsApp wieder einspielen will. Einnahmen über Gebühren und Werbeanzeigen hat er ausdrücklich ausgeschlossen. Die Aussicht auf eine Milliarde Nutzer in naher Zukunft erscheint ihm lukrativ genug.
Auch WeChat will bis auf Weiteres auf Werbung und Gebühren verzichten, wird sie wohl als Einnahmequellen aber auch nicht benötigen. Verhältnismäßig unaufdringlich finden sich auf der App die Rubriken „Spiele“ und „Stickershop“. Für umgerechnet unter einem Euro lässt sich die Liste an Emoticon erweitern, unter anderem mit kleinen Figuren aus Walt-Disney-Serien oder Spongebobs, Garfields und Chewyhams. Zudem bietet WeChat seit vergangenem Sommer Online-Spiele an, bei denen der Nutzer dazu verleitet wird, Zubehör zuzukaufen – gegen echtes Geld. Mit Spielen wie Dungeon & Fighter, QQ Three Kingdoms und den vielen anderen QQ-Spielen ist Tencent bereits seit einigen Jahren sehr erfolgreich. Eine Reihe dieser QQ-Spiele finden sich nun auch auf WeChat.
Überhaupt ist WeChat sehr viel spielerischer als WhatsApp. Mit der Flaschenpost-Funktion etwa wird per Zufallsgenerator eine Kontaktanfrage an Unbekannt verschickt. Bei der Schüttelfunktion ist der Empfänger jemand in unmittelbarer Nähe.
Allein mit dem Stickershop und den Einnahmen aus Spielen hat WeChat bereits im vergangenen Jahr den Sprung in die schwarzen Zahlen geschafft. Seit Jahresbeginn will WeChat richtig durchstarten: Mit einem eigenen Bezahldienst.
Unter anderem bei McDonalds und diversen Geschäften kann der registrierte Nutzer mit der geöffneten WeChat-App auf seinem Smartphone einen Code scannen und darüber bargeldlos bezahlen. Rund 120 Millionen Nutzer haben nach Angaben des Marktforschungsinstituts Horizon die Zahlungsfunktion mindestens einmal ausprobiert. Abgewickelt wird das Geschäft über den Zahlungsdienstleister Tenpay.
Online-Bezahldienste boomen in China bereits seit einiger Zeit. Marktführer war jedoch bislang der chinesische Anbieter AliPay von Tencent-Konkurrent Alibaba. Über den Chatdienst WeChat ist Tencent nun jedoch auch im lukrativen elektronischen Bankengeschäft auf Aufholjagd – und das weltweit.