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China räumt seine Sex-Hochburg

 

Das chinesische Staatsfernsehen scheut das Thema Sexindustrie nicht. Anfang Februar zeigte CCTV zur Hauptsendezeit eine Fernsehreportage über die Sexindustrie in Dongguan, einer Acht-Millionen-Einwohner-Großstadt in Südchina. Nur wenige Stunden später startete in Dongguan eine Großrazzia gegen das Rotlichtmilieu. Mehr als 6.500 Polizisten durchsuchten insgesamt 2.000 Bordells, Stundenhotels, Saunas und Karaoke-Bars. Sie nahmen mehr als tausend Menschen fest, darunter Dutzende Polizeichefs und Parteisekretäre. Ihnen wird vorgeworfen, gegen das Prostitutionsgewerbe zu nachlässig vorgegangen zu sein. Die Anti-Rotlicht-Kampagne läuft noch weiter.

Prostitution ist in China offiziell verboten. Doch schon seit vielen Jahren nehmen es die meisten Behörden mit den Vorschriften nicht ganz so genau. Auch in der Hauptstadt Peking finden sich Bordelle, Sexshops und Massagesalons, die auch „besonderen Zusatzservice“ bieten.

Mehr als eine Viertel Million Prostituierte

Doch keine Stadt in China hat sich binnen kurzer Zeit zu einer so großen Hochburg der Sexindustrie entwickelt wie Dongguan. Anfang 2009 schlug hier die Weltfinanzkrise voll zu. Das Perlflussdelta, wegen seiner vielen Fabriken als „Werkbank der Welt“ bekannt, war besonders betroffen, Millionen Jobs gefährdet. Damals legten die Stadtoberen die Prostitutionsvorschriften besonders lax aus. Zwar gibt es keine genauen Zahlen. Doch Fachleute vermuten, dass die Stadt in den Jahren 2010 und 2011 mehr als 250.000 Prostituierte zählte.

Nun, nur wenige Wochen nach der Razzia, zeigen sich die wirtschaftlichen Auswirkungen. Laut Yangcheng Evening News sei der gesamte Dienstleistungssektor in der Stadt zusammengebrochen. Die Razzien sollen Umsatzverluste von rund 50 Milliarden Yuan (rund sechs Milliarden Euro) verursacht haben.

Besonders betroffen sind die Luxushotels. Die insgesamt 23 Fünfsternehotels mussten nach dem Wirtschaftseinbruch von 2009 schon einmal herbe Verluste hinnehmen, nachdem Zehntausende Geschäftsleute aus aller Welt wegblieben. Ihre Auslastung sank damals auf unter 60 Prozent. Die Umsatzeinbußen konnten sie nur kompensieren, weil wohlhabende Männer aus dem ganzen Land und dem nahe gelegenen Hongkong nach Dongguan kamen und die Zimmer für Sex nutzten. Das Geschäftsmodell steht nun vor dem Aus.

Auch Geschäfte, Schönheitssalons, Lokale und sogar Supermärkte klagen über heftige Einbußen, weil ihnen die Kundinnen wegbleiben. Prostituierte haben in Scharen Dongguan verlassen. Viele bemühten sich in den Nachtclubs der Nachbarstädte Foshan und Huizhou um ein neues Auskommen, zitiert die South China Morning Post eine Frau aus dem Gewerbe. Sie berichteten jedoch von sehr viel raueren Umgangsformen ihrer Kunden bis hin zu gewalttätigen Übergriffen. In Dongguan hatten sich Frauen und Freier eine Infrastruktur aufgebaut, die sie vor Gewalt schützte.

Wirtschaftswachstum durch Prostitution

Kenner der Region gehen davon aus, dass die Behörden die Rotlicht-Kampagne schon bald beenden werden. Im vergangenen Jahr habe die Region das von der Zentralregierung landesweit vorgegebene Wachstumsziel von 7,5 Prozent unterschritten und lag bei nur noch bei etwas mehr als sechs Prozent, zitiert die South China Morning Post den in Dongguan beheimateten Unternehmer und Blogger Xiao Gongjun. Das sei zu wenig für eine Region, die sich mitten im Strukturwandel befindet. „Ich denke, wenn die Regierung anständiges Wirtschaftswachstum will, wird die Kampagne nicht lange dauern.“