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Chinas Millionäre trimmen heimischen Fußball auf Weltniveau

 

Bislang ist China nicht gerade als Fußballnation bekannt. Das hängt damit zusammen, dass das bevölkerungsreichste Land der Welt es erst ein Mal geschafft hat, sich für eine Weltmeisterschaft zu qualifizieren. 2002 war das in Japan und Südkorea mithilfe des serbischen Trainers Bora Milutinovic. Bereits in der Vorrunde flog das chinesische Team nach drei Niederlagen jedoch raus. Im weltweiten Fifa-Ranking belegt Chinas Nationalmannschaft derzeit nur noch Platz 103. Nun haben aber chinesische Unternehmer das Feld für sich entdeckt. Und zwar als Investmentmöglichkeit.

Der chinesische Internetriese Alibaba hat vergangene Woche die Hälfte des südchinesischen Fußballvereins Guangzhou Evergrande gekauft. Umgerechnet rund 140 Millionen Euro bezahlte Chinas erfolgreichstes Online-Unternehmen für den Anteil. Eine für asiatische Verhältnisse ungewöhnlich hohe Summe: Auf einen Schlag rangiert das Fußballteam aus der südchinesischen Metropole auf Platz 16 der weltweit wertvollsten Fußballclubs und wird damit sogar höher bewertet als Atlético Madrid.

Die Guangzhou Evergrande ist derzeit der erfolgreichste Fußballclub in der Volksrepublik und so etwas wie Chinas Bayern München. Nachdem der Verein 2010 wegen Spielmanipulation und Korruption schon einmal kurz vor seinem Ende stand, sprang der Immobilienunternehmer Xu Jiayin zur Hilfe und pumpte Millionenbeträge in den Club. Mit der großzügigen Geldspritze stellte der Verein unter anderem den legendären italienischen Fußballtrainer Marcello Lippi ein, der Italien 2006 in Deutschland zum Weltmeisterschaftstitel verhalf, und für kurze Zeit auch Argentiniens Stürmer Lucas Barrios, der mal für Dortmund spielte. Mit Erfolg: Seit 2011 ist Guangzhou chinesischer Meister, im vergangenen Jahr gewann der Verein sogar die asiatische Champions-League.

Diese Strategie macht in China inzwischen Schule. Bereits 2011 hatte Wang Jianlin, der mit Immobilien und seinem Unterhaltungskonzern Dalian Wanda zum reichsten Chinesen aufgestiegen ist, dem chinesischen Fußballverband rund 60 Millionen Euro überwiesen, um bessere Spieler auszubilden. Auch andere Millionäre investieren derzeit kräftig in die chinesischen Fußballclubs. Nach Angaben von Rupert Hoogewerf, der alljährlich Chinas Reichenliste erstellt, mischen bereits drei der zehn reichsten Unternehmer im chinesischen Fußballgeschäft mit.

Das hat auch wirtschaftliche Gründe. Denn so miserabel Chinas Nationalteam derzeit dasteht – Chinesen sind begeisterte Fußballfans- und gucker. Rund die Hälfte der Sportberichterstattung im chinesischen Staatsfernsehen CCTV besteht aus Fußballübertragungen. Der CCTV-Sportkanal überträgt jeden Samstag und Sonntag nicht nur die meisten Bundesliga-Spiele, sondern auch die der englischen Premier-League. Und auch an den Schulen, an den Universitäten und auf der Straße ist Fußball sehr beliebt. Die Werbeindustrie hat die chinesischen Fußballfans längst für sich entdeckt. Immer mehr Bandenwerbung bei den Spitzenspielen in Europa und auch aktuell bei der Weltmeisterschaft in Brasilien ist inzwischen auf Chinesisch.

Warum China dennoch bislang eher mittelmäßige Spieler hervorbringt: Es mangelt bislang an guten Trainern. Genau daran wollen Unternehmer wie Alibaba-Gründer Jack Ma anknüpfen. Mit Marcello Lippi bei Guangzhou Evergrande ist ein Anfang gemacht. Andere chinesische Vereine wollen diese Strategie ebenfalls übernehmen und führen eifrig Verhandlungen mit investitionswilligen Unternehmern aus China auf der einen Seite und internationalen Spitzenspielern und -trainern auf der anderen.

Das eigentliche Ziel, das nicht zuletzt auch die chinesische Regierung verfolgt: eine WM auch mal im Reich der Mitte. Dazu bedarf es jedoch mehr eigener Spieler der Spitzenklasse. Die Finanzspritzen der Unternehmer sollen dazu beitragen.