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Warum China Griechenland retten will

 

China will in Griechenland etwas schaffen, was den Europäern auch im fünften Jahr der Wirtschaftskrise nicht gelungen ist: Wachstum. Der Zeitpunkt ist günstig gewählt: Europäische Investoren halten sich in Griechenland auch weiterhin zurück, zu düster ist ihnen die derzeitige wirtschaftliche Lage, zu unsicher die Zukunftsaussichten. Aus Sicht der Chinesen bietet Griechenland ihnen jedoch derzeit einen günstigen Einstieg in den gesamten europäischen Binnenmarkt.

Vor wenigen Tagen reiste der chinesische Ministerpräsident Li Keqiang deshalb in den südosteuropäischen Krisenstaat und sorgte dafür, dass gleich eine ganze Reihe von umfangreichen Investitionsprojekten abgeschlossen wurden. In Medienberichten ist die Rede von Verträgen in den Sektoren Energie, Schifffahrt, Landwirtschaft und Tourismus im Wert von mehr als 4,7 Milliarden Euro.

Unter anderem wollen die Chinesen den Athener Flughafen Eleftherios Venizelos zu einem Drehkreuz für Passagiermaschinen der Volksrepublik ausbauen – und damit dem geplanten Istanbuler Großflughafen Konkurrenz machen. Die türkische Regierung will den größten Flughafen der Welt bauen – für bis zu 150 Millionen Passagiere pro Jahr. Istanbul soll zu einer Drehscheibe zwischen Asien, Europa und Afrika werden und damit Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten den Rang ablaufen.

In diesem Wettlauf spielt Athen, das geografisch ähnlich günstig liegt wie Istanbul, bislang keine wichtige Rolle. Chinas finanzieller Einstieg könnte das ändern. Die Chinesen wollen auf diese Weise Zugriff zum innereuropäischen Flugmarkt erhalten, der chinesischen Fluggesellschaften bislang weitgehend vorenthalten wird. Im Gespräch ist auch die Gründung einer griechischen Fluggesellschaft unter Mehrheitsbeteiligung der Chinesen.

In der Schifffahrt ist China schon einen Schritt weiter. Rund 70 Prozent des Frachthafens von Piräus gehört seit 2008 dem chinesischen Transportriesen Cosco. Nun will das Staatsunternehmen auch den Rest übernehmen. Pekings Plan: Piräus soll zum größten Umschlagplatz für chinesische Containerschiffe im Mittelmeerraum werden. Und auch mit Chinas Hochgeschwindigkeitszug, der ein neuer Exportschlager werden soll, wollen die Investoren aus Fernost in Griechenland punkten.

Allerdings ist es nicht das erste Mal, dass Peking den südeuropäischen Krisenstaaten Hilfe verspricht. Unmittelbar nach Ausbruch der europäischen Schuldenkrise 2009 und 2010 hatte Peking schon einmal zugesagt, auch Portugal finanziell unter die Arme zu greifen und verstärkt Staatsanleihen der Krisenstaaten zu kaufen. Wie viel Peking offiziell investiert hat, ist nicht bekannt. Die chinesische Zentralbank hält die Daten unter Verschluss. Experten gehen jedoch davon aus, dass es bei Weitem nicht so viel war wie von den Europäern erhofft.

Probleme könnte den chinesischen Investoren in Griechenland zudem ein unklares Arbeitsrecht mit aufmüpfigen Gewerkschaften bereiten, mangelnde Rechtssicherheit und Korruption. Zumindest mit den letzten beiden Punkten sind die Chinesen aus dem eigenen Land aber bestens vertraut.