In China erschüttert ein neuer Lebensmittelskandal das Land: Anfang der Woche wurde bekannt, dass der in Shanghai ansässige Lebensmittelproduzent Husi Food offenbar Gammelfleisch ausliefert. Ein Fernsehteam des Senders Dragon TV war mit versteckter Kamera in einen Betrieb eingedrungen und hatte heimlich gefilmt.
Die Bilder sind ekelerregend: Es sind Fleischstücke zu erkennen, die bereits grün und blau sind und dennoch weiterverarbeitet werden. Zu sehen sind auch Mitarbeiter, die heruntergefallenes Fleisch vom Boden aufsammeln und wieder aufs Band werfen. Der Sender berichtet, dass abgelaufene Produkte neu verpackt und mit neuem Haltbarkeitsdatum versehen wurden. Das chinesische Staatsfernsehen hat die Bilder übernommen.
Husi Food ist ein Tochterunternehmen des US-Konzerns OSI, eine Unternehmergruppe mit Sitz in Chicago, die in 75 Ländern die McDonald’s-Filialen mit Fleisch beliefert. In China gehört zu den Abnehmern unter anderem Kentucky Fried Chicken (KFC), Burger King, Pizza Hut, Starbucks und eine Reihe von chinesischen Restaurant-Ketten.
Die Abnehmer haben umgehend reagiert: McDonald’s, der Yum-Brands-Konzern, zu dem KFC und Pizza Hut gehören, Starbucks und Burger King stornierten sofort sämtliche Lieferungen von Husi-Food. Und auch die Behörden schlugen zu: Die Polizei beschlagnahmte im Auftrag des staatlichen Veterinäramtes den gesamten Fleischbestand des Fleisch-Zulieferers, mehr als 1.000 Tonnen, und weitere 100 Tonnen, die bereits an die Kunden ausgeliefert waren. Fast 600 Restaurants, Händler und Betriebe haben die Behörden bis Ende der Woche untersucht und fünf Verantwortliche von Husi Food festgenommen, unter anderem den Firmenchef und den Leiter der Qualitätskontrolle.
Doch das reicht vielen Chinesen nicht. Auch am Freitag waren die chinesischen Medien und sozialen Netzwerke voll von Kommentaren und Einträgen, in denen nicht nur der Fleischproduzent selbst, sondern auch die Fastfood-Ketten an den Pranger gestellt werden. McDonald’s & Co. wird vorgeworfen, sie würden aus Kostengründen bewusst die Lebensmittelkontrollen vernachlässigen. Auf zahlreichen Foren und auch vor einigen Filialen wird bereits zum Boykott aufgerufen. Dies soll bereits Auswirkungen auf den Umsatz dieser Ketten haben. Offizielle Zahlen haben die Unternehmen bislang noch nicht bekannt gegeben. Doch Mitarbeiter berichten von leeren Tischen und sinkenden Umsätzen. „Ich würde derzeit auch in keinen Hühnerschenkel beißen“, antwortet eine Mitarbeiterin einer KFC-Filiale auf Anfrage.
KFC wird zum zweiten Mal getroffen
KFC hat bereits schlechte Erfahrung mit der Wut von chinesischen Verbrauchern gemacht. Die Fastfood-Kette war erst vor anderthalb Jahren in China in die Schlagzeilen gekommen, weil im angebotenen Hühnerfleisch unerlaubt hohe Werte an Antibiotika gefunden wurden. Der US-Mutterkonzern, der mit KFC in China die Hälfte seines Umsatzes macht, musste sich öffentlich dafür entschuldigen. Er trennte sich von 1.000 seiner Zulieferfirmen und gebot Besserung bei der Bewachung seiner Partnerbetriebe. Der Umsatz brach in dem darauffolgenden Monat dennoch um mehr als 30 Prozent ein. KFC hat sich bis heute von diesem Skandal nicht erholt.
Dass die Folgen solcher Skandale in China so weitreichend sind, hängt vor allem mit dem fehlenden Vertrauen in die staatlichen Kontrolleure zusammen. Tatsächlich sind die meisten großen Lebensmittelskandale in den vergangenen Jahren von Insidern enthüllt worden. Die haben sich an Journalisten und an die staatlichen Kontrolleure gewandt. Da hilft es auch nicht, dass Chinas Premierminister Li Keqiang die Lebensmittelsicherheit zur Chefsache erklärt hat und dass er die staatlichen Lebensmittelkontrollen im vergangenen Jahr bereits deutlich ausgeweitet hat. Wie die Reaktionen auf den jüngsten Skandal zeigen, bleibt das Misstrauen groß.
Genau deswegen neigen viele Verbraucher auch zur Übertreibung. So kaufen viele junge Eltern bis heute Milchpulver für ihre Kinder nicht im eigenen Land, sondern lassen es sich,sofern sie es sich leiten können, aufwändig aus dem Ausland schicken oder mitbringen. Der Skandal um Melamin verseuchtes Milchpulver war vor sechs Jahren.
Für die chinesische Führung gibt es noch jede Menge zu tun.