Derzeit ist viel von Ebola die Rede – auch in China. So warnen chinesische Behörden in den Staatsmedien vor Reisen nach West- und Zentralafrika. Und obwohl die staatliche Gesundheitsbehörde bislang nicht einen einzigen Ebola-Fall im Land verzeichnet hat, wird in Peking in Aufzügen und U-Bahn-Stationen großflächig mit Plakaten über die Symptome dieser Seuche informiert. Über eine andere, ebenfalls lebensgefährliche Krankheit wird dagegen viel weniger berichtet. Das Denguefieber, das sich längst über den gesamten Süden Chinas ausgebreitet hat.
Bei dem bislang schwersten Ausbruch von Denguefieber seit mindestens zwei Jahrzehnten sind nach Angaben der chinesischen Behörden bereits mehr als 30.000 Menschen erkrankt. Das Gesundheitsamt in der am schwersten betroffenen Provinz Guangdong vor den Toren Hongkongs berichtet von über 20.000 Infizierten allein in der Provinzhauptstadt Guangzhou. Mindestens sechs Menschen sind gestorben. Täglich kämen in Guangdong rund 1.000 Neuinfektionen hinzu.
Das von verschiedenen Stechmückenarten verbreitete Virus löst Fieber, Schüttelfrost und Gliederschmerzen aus. Denguefieber ist zwar bei Weitem nicht so tödlich wie Ebola, die meisten Fälle verlaufen mild. In ungefähr zwei bis vier Prozent der Fälle kann es jedoch zu inneren Blutungen kommen, die dann auch tödlich sein können. Bei einzelnen Epidemien kann die Sterblichkeitsrate auf bis zu 15 Prozent steigen.
Die rasante Verbreitung des Dengue-Virus bereitet auch der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Sorge: Kursierte das Virus 1970 gerade einmal in neun tropischen Ländern, leben inzwischen mehr als 40 Prozent aller Menschen in Gebieten, in denen die Überträgermücken verbreitet sind.
Die WHO geht von 50 bis 100 Millionen Dengue-Infizierten allein im vergangenen Jahr aus. Nach Angaben der Weltgesundheitsbehörde hat sich die Zahl der Erkrankungen in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt. Damit hat sich Denguefieber zu einer der gefährlichsten Infektionskrankheiten der Welt entwickelt.
In China war das Virus vor zehn Jahren noch weitgehend unbekannt. In diesem Jahr ist er in mindestens sechs Provinzen aufgetreten, einschließlich der Insel Hainan, Yunan, Guangxi, bis hinauf nach Fujian und Zhejiang. Auch Taiwan und Hongkong verzeichnen mehrere Dutzend Infizierte. Die Behörden in Guangdong führen die hohe Zahl an Dengue-Infizierten zum einen auf den außergewöhnlich heißen und nassen Sommer zurück. Zum anderen habe der Reiseverkehr zwischen China und südostasiatischen Staaten deutlich zugelegt. In Ländern wie Thailand, Indonesien und den Philippinen ist das Dengue-Virus schon seit Jahrzehnten weit verbreitet. Die Flugzeuge hätten das Virus nach Südchina eingeschleppt.
An einem Impfstoff gegen Denguefieber wird seit Langem geforscht. Aber ein verlässliches Mittel ist derzeit noch nicht vorhanden. Die Behörden in der Stadt Guangzhou versuchen die Ausbreitung zu stoppen, indem sie sogenannte Koboldkärpflinge in stehende Gewässer aussetzen. Dabei handelt es sich um eine spezielle Fischart aus den USA, die Stechmückenlarven frisst.
Der südostasiatische Stadtstaat Singapur hat aus Angst vor den Dengue- und Malaria-Virus übertragenden Mücken bereits vor Jahrzehnten stehendes Wasser in jeglicher Form verboten. Das gesamte Abflusssystem der städtischen Kanalisation ist so konzipiert, dass sich nirgendwo Wasser sammeln kann, sondern sofort abfließt. Es gibt sogar eine Polizeieinheit, die sich unter anderem darauf spezialisiert hat, auf Balkonen die Untersetzer von Blumentöpfen zu überprüfen.