Die ganze Welt nutzt Google. Die ganze Welt? Nein, China ist eins der wenigen Länder, in denen der US-Konzern mit seiner Suchmaschine und anderen Diensten offiziell nicht vertreten ist. Wer google.cn eingibt, wird automatisch auf Google Hongkong umgeleitet. Und auch die ausländischen Google-Dienste in China sind oft sehr langsam oder tagelang gar nicht erreichbar. 2010 hatte sich der Konzern wegen ständiger Cyber-Attacken und Ärger mit der Zensur vom chinesischen Festland zurückgezogen. Nun aber plant Google ein Comeback – mit seinem App-Marktplatz Google Play.
Wie das Wall Street Journal berichtet, prüft das Unternehmen aus dem kalifornischen Mountain View derzeit eine Version von Google Play explizit für die Nutzer von mobilen Endgeräten in der Volksrepublik. Die Firmenleitung von Google würde derzeit gezielt chinesische App-Entwickler ansprechen und sie über ihre Vorhaben informieren, heißt es.
Das von Google entwickelte Betriebssystem Android ist zwar auch in China weit verbreitet. Doch bislang verdient der US-Konzern nicht daran. Denn der Google Play Store ist in der Volksrepublik offiziell nicht erreichbar.
Stattdessen bieten Smartphone-Anbieter wie Samsung und Huawei eigene App-Stores an, in denen die meisten beliebten Android-Apps, Spiele und Abos für den chinesischen Nutzer zu finden sind. Ebenfalls erhältlich sind die Miniprogramme über Amazon und den einheimischen App-Store von Baidu. Zudem hat sich eine lebhafte Piraterie entwickelt. Viele chinesische Android-Nutzer lassen das Betriebssystem von kleinen Elektronikläden knacken und laden die Apps illegal auf ihre Smartphones herunter. Nur einer verdient nicht daran: Der Android-Entwickler Google.
Baidu gegen Google
Dabei gehört der App-Download inzwischen zu dem am schnellsten wachsenden Geschäft für Google. Es wuchs nach Angaben von Bloomberg allein im dritten Quartal um 50 Prozent. China ist inzwischen der größte Smartphonemarkt der Welt. Dieses Geschäft will sich Google nicht entgehen lassen.
Als ersten Schritt hat es der US-Konzern chinesischen Entwicklern seit vergangener Woche ermöglichst, sich bei Google Play als Anbieter registrieren zu lassen, um Apps für chinesische Kunden zu entwickeln. Sie lassen sich allerdings vorerst nur im Ausland herunterladen.
Google hatte sich 2010 offiziell aus China zurückgezogen. Immer wieder gab es Hackerangriffe auf seine Dienste. Zudem forderte die chinesische Führung das US-Unternehmen auf, Begriffe wie „Menschenrechte“ und „Demokratie“ in den Suchergebnissen nicht mehr anzeigen zu lassen.
Der chinesischen Regierung kam der Rückzug Googles aus China sehr entgegen. Denn in der Zwischenzeit konnte sich die heimische Suchmaschine Baidu durchsetzen. Der Marktanteil liegt in dem bevölkerungsreichsten Land der Welt bei über 75 Prozent.
Die chinesischen Behörden dürften auch Googles neuen Anlauf behindern. Die Regierung betrachtet es schon jetzt mit Sorge, dass ein US-Unternehmen das Betriebssystem der meisten im Land genutzten Smartphones stellt und will lieber ein eigenes System etablieren. Erste Auswirkungen gibt es bereits: Seit einigen Wochen funktioniert von China aus nicht einmal mehr die Umleitung auf die Google-Dienste in Hongkong.