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China will mit E-Mobilität heimische Autoindustrie retten

 

Noch vor einem Jahr wollte Tesla den chinesischen Markt für Elektroautos aufrollen. Ein „sehr aggressives Wachstumsziel“ kündigte die China-Chefin des US-Herstellers an. Aber offenkundig ist der Erfolg doch nicht so groß wie erhofft. Während Tesla im Rest der Welt seine Belegschaft 2014 auf über 10.000 Mitarbeiter mehr als verdoppelt hat, muss das kalifornische Unternehmen ausgerechnet in China, dem größten Automarkt der Welt, Stellen abbauen. 180 von 600 Mitarbeitern sollen gehen.

Auf den ersten Blick überrascht dieser Schritt. Staatspräsident Xi Jinping hat erst im vergangenen Jahr die Verbreitung von Elektromobilität zur Chefsache erklärt, China soll zum größten Markt für Elektroautos werden. Mit Steuervergünstigungen und Subventionen fördert die chinesische Regierung den Kauf von Elektro- oder Hybridautos massiv. Noch bis Ende des Jahres sollen eine halbe Million Autos mit Elektroantrieben auf Chinas Straßen rollen, bis 2020 sollen es fünf Millionen sein.

Von diesen Zielen ist China zwar weit entfernt. Derzeit dürften es knapp 100.000 Elektroautos sein. Doch seit einigen Monaten zieht der Verkauf an. 2013 lag die Gesamtzahl aller in China verkauften Fahrzeuge mit Elektromotor oder als Plug-in-Hybrid noch bei rund 19.700. Bis zum Ende des vergangenen Jahres stieg sie auf immerhin über 83.900 und hat sich damit mehr als vervierfacht.

Den größten Zuwachs verzeichnete das südchinesische Unternehmen BYD: Der Absatz ist um 570 Prozent auf insgesamt fast 20.000 verkaufte E-Fahrzeuge gestiegen. Tesla hingegen hat nach Zahlen von JL Warren Capital in den ersten neun Monaten 2014 weniger als 2.500 Fahrzeuge verkauft.

Doch nicht nur Tesla liegt in China weit hinter seinen Erwartungen zurück – sämtliche Elektroautos aus dem Ausland verkaufen sich schleppend. Der Grund: China fördert ausschließlich seine heimische Industrie. Zwar führt die Regierung offiziell den Klima- und Umweltschutz als Hauptgrund für die massive Förderung an. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Immer mehr zeichnet sich ab, dass sie darin vor allem die Chance sieht, die eigene Automobilindustrie zu stärken und global konkurrenzfähig zu machen.

China schließt importierte E-Autos von Förderung aus

Das Berliner China-Institut Merics hat bereits im vergangenen Herbst in einer bemerkenswerten Analyse gewarnt, dass die chinesische Regierung mit ihrer Förderung vor allem industriepolitische Ziele verfolgt. Die Experten hatten herausgefunden, dass die zuletzt beschlossene Förderpolitik bei der Elektromobilität ausländische Autobauer offen benachteilige. Importierte E-Autos sind von sämtlichen staatlichen Subventionen, Steuervergünstigungen und öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen. Und tatsächlich: Die Regierung hat zwar das Ziel ausgegeben, dass von den Neufahrzeugen, die Behörden bis 2016 anschaffen, mindestens 30 Prozent Elektro- oder Hybridantrieb haben müssen; explizit sind hierbei aber nur im Inland hergestellte Fahrzeuge gemeint.

Der Grund: Die chinesische Autoindustrie hat ein Problem. Ihr Marktanteil ist in den vergangenen fünf Jahren von 25 auf 20 Prozent gesunken. Dabei wird sie seit Jahren vom Staat massiv gepäppelt. Sämtliche ausländische Autobauer erhalten bis heute nur dann Eintritt in den chinesischen Markt, wenn sie mit einem inländischen Hersteller zusammenarbeiten. Die chinesischen Ingenieure sollen auf diese Weise Einblick in die Technik der ausländischen Hersteller erhalten und von ihnen lernen.

Dadurch haben die chinesischen Autobauer zwar technisch aufgeholt – doch wer es sich leisten kann, kauft eben doch keinen Wagen eines lokalen Herstellers. Mit der gezielten Förderung ausschließlich der heimischen Elektromobilität will die chinesische Führung nun die Dominanz der ausländischen Autobauer durchbrechen.

Die deutschen Hersteller Daimler, Volkswagen und BMW haben zwar auf diese Politik reagiert und investieren derzeit ganz massiv in Modelle mit Elektroantrieb und in Plug-in-Hybride, die in China hergestellt werden sollen. Aber auch beim Kauf dieser Fahrzeuge gibt es nicht dieselben Fördermittel wie beim Kauf von rein chinesischen Marken.

Die Experten von Merics zeichnen für die deutschen Autobauer ein düsteres Bild: Wenn die chinesische Regierung ihre neue Automobilpolitik konsequent weiterführt, dürfte es mit der derzeit noch sehr starken Stellung deutscher Automobilhersteller bald vorbei sein.