Mit einem solchen Ansturm hatte Tim Cook nicht gerechnet. US-Filmstars (Tom Cruise) oder ausländische Politiker (David Cameron) hatten es vorgemacht; nun richtete sich auch der Apple-Chef speziell fürs chinesische Publikum ein eigenes Konto auf Chinas Twitter-Pendant Sina-Weibo ein. Bereits nach nur drei Stunden hatte Cook mehr als 300.000 Follower. Sein erster Eintrag mit den Worten „innovative neue Umweltprogramme“ bescherte ihm 34.000 Kommentare.
Tim Cook und Apple haben in China längst Kultstatus. Derzeit ist Cook auf China-Tournee, und wo er auftritt, wird er bejubelt. Die Regierung behandelt ihn wie einen ranghohen Staatsvertreter. Chinas stellvertretender Ministerpräsident Liu Yandong ließ es sich nicht nehmen, den Apple-Chef im streng abgeschirmten Pekinger Regierungsviertel Zhongnanhai zu empfangen
Abgesehen von diesem kurzen Abstecher in die Politik stehen für Cook auf seiner China-Reise natürlich die Geschäftsinteressen im Vordergrund. Und da läuft es richtig gut. Apple hat im vergangenen Quartal seinen Verkauf im Land um 71 Prozent steigern können. Das China-Geschäft steht inzwischen für ein Drittel des Gesamtumsatzes.
Längst ist China viel mehr für Apple als nur eine Produktionsstätte für iPhones, iPads und seit Kurzem auch iWatches – nämlich der weltweit zweitwichtigste Absatzmarkt. Analysten gehen davon aus, dass China noch in diesem Jahr die bisherige Nummer eins, die USA, ablösen wird. Bis Ende des Jahres will Apple in der Volksrepublik 20 weitere Apple-Stores eröffnen, eine Verdopplung. Das entspricht dann ziemlich genau der derzeitigen Zahl der Millionenstädte in China.
Dabei sah es für Apple vor Kurzem noch recht düster aus in China. Cooks Vorgänger Steve Jobs hatte für Konsumenten aus der Volksrepublik sehr viel weniger übrig. Neue Geräte kamen erst verzögert auf den chinesischen Markt. Jahrelang kam es zu keiner Einigung zwischen Apple und China Mobile, iPhones ins Programm aufzunehmen; China Mobile ist Chinas größter Mobilfunkanbieter und damit der größte der Welt.
Zudem wurden Apple-Geräte in China noch einmal sehr viel teurer angeboten als etwa im benachbarten Hongkong, Taiwan oder Japan. Samsung war auf dem Smartphone-Markt in China viele Jahre lang unangefochten der Marktführer. Dahinter folgte die deutlich günstigere, technisch aber durchaus mithaltende Konkurrenz wie Xiaomi oder Huawei.
Doch mit Cook an der Spitze hat Apple einen Strategiewechsel vollzogen: Die Preise sind zwar nicht wesentlich gesunken. Doch Apple geht bei seiner Produktentwicklung nun verstärkt auf die Vorlieben der Chinesen ein. So ist die Einführung goldener Geräte unmittelbar auf den Absatzmarkt China zurückzuführen.
Und während es Apple etwa in Europa noch nicht allzu eilig hat mit der Einführung seines Bezahldienstes Apple Pay, macht Cook in China Dampf. Er hat sich in diesen Tagen auch mit Vertretern von Alibaba getroffen, um eine Kooperation mit Chinas größtem Onlinehändler einzugehen. Die Alibaba-Tochter Alipay ist der derzeit am weitesten verbreitete Bezahldienst in China und könnte mit einem Schlag auch Apple Pay zum Durchbruch verhelfen.
Selbst um sein soziales Image ist Apple in China bemüht. Viele Jahre machte Apple negative Schlagzeilen mit miserablen Arbeitsbedingungen in seinen Zulieferbetrieben. Seit einiger Zeit führt Apple nun regelmäßige Untersuchungen in den Fabriken durch und berichtet in seinem Supplier Responsibility Report auch darüber. Vor allem gegen die in den Zulieferbetrieben üblichen Überstunden will Apple verstärkt vorgehen.
Und sogar zum Umweltschutz in China will das US-Unternehmen beitragen. Tim Cook hat auf seiner China-Reise angekündigt, dass Apple zusammen mit dem World Wildlife Fund (WWF) auf einer Fläche von rund 4.000 Quadratkilometern nachhaltig bewirtschaftete Forstflächen schaffen will, um Holz für die Papiererzeugung für Apples Verpackungen zu schaffen. Zudem werde das Unternehmen in eine Solarfarm in der chinesischen Provinz Sichuan investieren, die bereits zweite Solaranlage in China.
All diese Maßnahmen dienen einem Zweck: Cook will den Chinesen zeigen, wie wichtig sie für ihn und sein Unternehmen geworden sind – und dass es mit einem Eintrag auf seinem Weibo-Konto nicht getan ist. Angeblich lernt er derzeit sogar chinesisch.