Auf Drogen stehen in China harte Strafen. Schon wer mit wenigen Gramm Heroin erwischt wird, muss mit der Todesstrafe rechnen. Was allerdings den Verkauf ins Ausland betrifft, reagieren die chinesischen Behörden ausgesprochen lasch. Aus kaum einem anderen Land auf der Welt lassen sich so einfach synthetische Drogen oder die für die Herstellung benötigten Substanzen beziehen wie aus China – meist sogar übers Internet. Nach Angaben der New York Times gehört die Volksrepublik inzwischen zum größten Anbieter synthetischer Drogen der Welt.
Die US-Zeitung hat eine ganze Liste chinesischer Onlineportale zusammengetragen, die mehr oder weniger offensiv die in vielen Ländern illegalen Substanzen anbieten und sie in alle Welt verkaufen.
So zum Beispiel die Handelsplattform Qinjiayuan: Neben Klimaanlagen, Sonnenliegen, Kleinlastern und Trampolinen bietet die Firma auf ihrer Webseite auch Halluzinogene an wie etwa das in Deutschland inzwischen verbotene Spice.
Auf der auf Chemikalien spezialisierten Website guidechem.com bieten gleich 150 chinesische Unternehmen die Designerdroge Methylendioxyprovaleron (MDPV) an, im Szenejargon auch als Flakka bekannt. Erst vor Kurzem erlagen 18 Menschen in Florida dieser psychoaktiven Droge, der eine noch verheerendere Wirkung nachgesagt wird als Crystal Meth. Auch das ist ohne große Umstände auf der chinesischen Website zu haben.
Und während das auch als Badesalzdroge bekannte Mephedron in China selbst verboten ist, verkauft das chinesische Chemie-Unternehmen Takanobu aus Nanjing die stark stimulierende Substanz trotzdem an den Rest der Welt, schön verpackt für 1.400 US-Dollar das Pfund.
Getarnt als Kräutermischung, Pflanzendünger oder Badesalz
Die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) hat bereits 2013 vor dem Vormarsch zahlreicher neuer synthetischer Drogen gewarnt, von denen viele ihren Ursprung in China haben. Die chinesischen Drogenproduzenten und Händler nutzen eine Lücke im internationalen Drogenrecht. Weil in vielen Ländern die Gesetzgeber nicht hinterherkommen, die vielen neuen synthetischen Stoffe zu analysieren, sind sie dementsprechend häufig noch nicht verboten. Die EMCDDA listet derzeit rund 400 psychoaktive Substanzen auf, die zu schweren Vergiftungen oder gar zum Tod führen können.
Um dennoch nicht das Misstrauen der Zollfahnder zu wecken, werden die Rauschmittel in China häufig als pflanzliches Räucherwerk, Badesalz, Silberputzmittel, manchmal auch als Kräutermischungen, Lufterfrischer oder Pflanzendüngemittel getarnt und verschickt. In Europa und den USA werden sie dann häufig in denselben Verpackungen von den Dealern als sogenannte Legal Highs angeboten.
Viele vor allem junge Menschen halten die Stoffe häufig für harmlos – ein fataler Irrtum, wie viele Experten warnen. Die Substanz MDPV etwa steht in Verbindung mit mehr als 100 Drogentoten allein in Europa. In Deutschland darf MDPV seit Sommer 2012 nicht mehr verkauft werden. Illegal kursiert es allerdings nach wie vor, etwa unter den Namen Cloud Nine, Magic oder Monkey Dust.
Je nachdem, wie diese synthetischen Drogen eingenommen werden oder auch in Kombination mit herkömmlichen Rauschmitteln wie Haschisch oder Heroin, können sie Angstzustände oder Erbrechen auslösen und zu Nierenversagen, Krämpfen und bis hin zum Tod führen. Eine zusätzliche Gefahr der in China hergestellten synthetischen Drogen: Der Anteil der Substanzen schwankt von Päckchen zu Päckchen zum Teil erheblich. Das macht diese Rauschmittel für den Konsumenten sehr unberechenbar.
Auch in China sind die synthetischen Drogen auf dem Vormarsch: Wie aus dem aktuellen Drogenbericht der chinesischen Regierung hervorgeht, ist allein die Zahl der Konsumenten von Methamphetaminen, bekannt auch als Crystal Meth, auf über 1,2 Millionen Nutzer nach oben geschnellt. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Plus von rund 40 Prozent.