Die Reaktion kam prompt. Nur zwei Tage nachdem die EU-Kommission den Strafzoll von bis zu 68 Prozent auf chinesische Solarprodukte beschlossen hat, scheint China nun zurückzuschlagen. Chinas Handelsministerium kündigte am Freitag an, es werde die Preise von Rohren ohne Schweißnähte aus den USA, der EU und Japan überprüfen. Die Teile werden vor allem in Heißwasserspeichern und Dampfleitungen von Kraftwerken verwendet. Dem chinesischen Handelsministerium liegt nach eigenem Bekunden eine Beschwerde eines chinesischen Unternehmens vor, das sich über Preisdumping beklagt.
Offiziell bestreitet das Handelsministerium einen unmittelbaren Zusammenhang zur jüngsten Strafaktion der EU-Kommission. Und doch ist der Zeitpunkt alles andere als ein Zufall – zumal der Sprecher des chinesischen Handelsministeriums erst am Donnerstag vor einem Handelskrieg warnte. „Wir hoffen, dass die EU noch zu einer umsichtigen Entscheidung findet“, sagt er. Und auch Chinas Botschafter bei der Welthandelsorganisation, Yi Xiaozhun, der momentan bei der WTO-Jahrestagung in Genf weilt, bedauerte das Vorgehen der EU-Kommission. Es sende ein „Signal für wachsenden Protektionismus“ aus. Droht nun zwischen Europa und China wegen der Solarmodule ein regelrechter Handelskrieg?
Davon ist nicht auszugehen. Die Strafzölle auf chinesische Solarmodule sind zwar für die Hersteller ärgerlich. Auch empfindet man das Vorgehen in China als ungerecht. Schließlich hat auch die europäische Solarindustrie jahrelang von Subventionen profitiert. Chinas Führung will Solarmodule für jeden erschwinglich machen – vor allem im eigenen Land. Angesichts des von Kohlekraftwerken verursachten Smogs sehnen sich auch die Chinesen nach der Energiewende.
Auf einen umfassenden Handelskrieg aber wird es die größte Export- und Handelsnation der Welt nicht ankommen lassen. Dafür ist Chinas Wirtschaft zu sehr auf den Welthandel angewiesen. Die Ankündigung einer Anti-Dumping-Untersuchung gegen Rohre ohne Schweißnähte ist auch keine unmittelbare Antwort auf den Solarstreit. Es geht dabei um einen Streit, der seit geraumer Zeit geführt wird. Die USA, Japan, Australien und Mexiko werfen ihrerseits China vor, Rohre unter dem Marktpreis zu verkaufen.
Handelsstreitigkeiten im Rahmen der Welthandelsorganisation sind ebenfalls ein völlig normaler Vorgang unter den Mitgliedsstaaten. China steht dabei keineswegs allein am Pranger. So sieht sich die Volksrepublik nach Angaben der Welthandelsorganisation derzeit 30 Klagen ausgesetzt, sie selbst klagt in 12 Fällen. Die EU wiederum klagt in 87 Fällen und hat 73 Klagen gegen sich. Spitzenreiter sowohl als Kläger als auch als Angeklagter: die USA. Sie treten derzeit in 105 Fällen als Kläger auf, müssen sich jedoch in 119 Fällen Klagen anhören.