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Europäer flüchten vor schlechter Luft in China

 

Fußgänger mit Atemmaske in Haozhou, Provinz Anhui © STR/AFP/Getty Images
Fußgänger mit Atemmaske in Haozhou, Provinz Anhui © STR/AFP/Getty Images

 

 

 

 

 

 

 

 

Wegen Smog und Umweltbelastungen in China wollen offenbar die ersten Europäer aus China wegziehen, zeigt eine Umfrage des Stellenportals SinoJobs. Danach erwägt fast die Hälfte der in China arbeitenden Europäer, wegen des Smogs den Aufenthalt zu verkürzen. 13 Prozent der Befragten planten einen Umzug in eine andere Region in China. 42 Prozent der Befragten gaben an, dass sich die Luftverschmutzung nicht auf ihre Arbeits- und Lebensplanung auswirke. Insgesamt nahmen rund 2.400 Nutzer an der Onlineumfrage teil.

Eine ähnliche Erfahrung habe auch ich hier in Peking gemacht. „Ich weiß nicht, wie lange ich diese schlechte Luft meinen Kindern noch zumuten kann“, sagte mir ein deutscher Mitarbeiter eines norddeutschen Logistikunternehmens, der seit mehr als zehn Jahren in der Hauptstadt lebt. Erstmals denke er ernsthaft über eine Rückkehr nach Deutschland nach. Auch der Chef eines gut laufenden Hotels im Pekinger Vergnügungsviertel Sanlitun erzählte mir, dass er Ende des Jahres nach sieben Jahren die Stadt verlassen wird. Wenn selbst am Sonntag, an seinem Wochenende, die ganze Stadt von einer dichten Smogdecke verhüllt sei, leide die Lebensqualität. „Man lebt nur einmal.“

Offenbar gibt es einen Stimmungsumschwung unter den sogenannten Expats. Bislang ließen sich Europäer, die in China arbeiten, von der Umweltverschmutzung kaum abschrecken, zu attraktiv waren die Gehälter und Auslandsaufschläge. Angesichts der boomenden Geschäfte für die meisten europäischen Firmen ist die Zahl der in Peking lebenden Ausländer in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Allein die Zahl der Deutschen wird auf mehr als 10.000 geschätzt.

Doch die Umweltverschmutzung verschärft sich. An manchen Januar- und Februartagen war der gelblich-graue Nebel so dicht, dass die vielen Hochhäuser der 20-Millionen-Metropole nur noch in Facetten zu erkennen waren. Nach wenigen Minuten im Freien brannten die Augen und die Bronchien schwollen an.

Das bestätigen jetzt auch neue Zahlen des chinesischen Umweltministeriums. An jedem zweiten Tag war danach die Luftqualität in 76 Städten „ungesund“. Die Einwohner von Pekings Nachbarstadt Shijiazhuang sahen im Schnitt nur an drei Tagen im Monat einen klaren Himmel. Umweltminister Zhou Shengxian kündigte an, dass Chinas Führung in den nächsten fünf Jahren umgerechnet rund 283 Milliarden Euro in den Umweltschutz investieren werde.

Besonders gefährlich ist der Feinstaub. In Peking erreichte die Feinstaubbelastung, die zu Herz- und Atemwegsproblemen führen kann, im Januar zeitweise Spitzenwerte um 700 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Das ist das 28-Fache des Grenzwerts, den die Weltgesundheitsorganisation für unbedenklich hält. Nach einer aktuellen Studie sinkt die Lebenserwartung in den Regionen Chinas mit hoher Feinstaubbelastung um fünf Jahre.

Doch nicht nur die ersten Europäer wollen daher raus aus China, sondern auch Chinesen. Laut Sinojob-Umfrage planen 41 Prozent auszuwandern oder zumindest für eine gewisse Zeit ins Ausland zu gehen. 40 Prozent erwägen einen Umzug innerhalb Chinas in weniger belastete Regionen.

Schon klagen die ersten ausländischen Firmen, sie könnten ihre freien Stellen in China nicht besetzen. Das bestätigt die Umfrage zwar nicht ganz. Mehr als 60 Prozent der noch in Europa lebenden Befragten gab an, dass sie nach China auswandern würden (zumindest für eine begrenzte Zeit) und dass sie die schlechte Luft nicht abschrecke. 23 Prozent der befragten Europäer schließen einen solchen Schritt für sich aber komplett aus. Insbesondere wer kleine Kinder habe, sei nicht bereit, deren Gesundheit aufs Spiel zu setzen, heißt es in der Studie. Und das schränkt die Personalauswahl schon ein.