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China ist scharf auf deutsche Energie-Technologie

 

Die Bundesregierung genießt in China schon seit Längerem einen exzellenten Ruf. Doch selten war das Interesse der chinesischen Regierung an Berlin so groß wie derzeit. Deshalb wird Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) bei seinem Kurzbesuch in Peking auf chinesischer Seite nicht nur von einem Amtskollegen gleichen Ranges empfangen wie es das Protokoll vorsieht. Chinas Premierminister Li Keqiang höchstpersönlich hat den Bundesminister am Dienstag zu einem einstündigen Gespräch empfangen. Der Grund: Chinas Führung ist scharf auf die deutsche Energie-Technologie.Gabriel brachte es unmittelbar nach dem Gespräch mit Li Keqiang auf den Punkt: Wenn mehr als 50 Prozent der Gewässer Chinas vergiftet sind und die Luft in den Städten kaum noch zum Atmen reicht, weiß die chinesische Regierung, dass es so nicht weitergeht. „Die machen das nicht, weil sie alle grün geworden sind“, sagte Gabriel. Er sprach von einer „Überlebensfrage“.

Tatsächlich sieht auch die chinesische Führung dringenden Handlungsbedarf. Die Peking-Korrespondenten des Wall Street Journals haben sich vergangene Woche die Mühe gemacht und zusammengezählt, wie viele Tage zwischen April 2008 und Ende März 2014 die Feinstaubbelastung bei unter 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft lag.

Die Bilanz ist erschreckend: Von den insgesamt 2.028 Tagen waren gerade einmal 25 Tage „gut“. An vier von fünf Tagen lagen die Werte bei 100 Mikrogramm und drüber. An 311 Tagen war die Luft „sehr ungesund“, was Werten von über 150 entspricht, an 94 Tagen lagen die Werte sogar bei über 300. Experten sprechen dann von „gefährlichem Smog“ und raten allen, nicht mehr aus dem Haus zu gehen. Unvergessen für die meisten Pekinger bleibt der 17. Januar 2013, als die gemessene Belastung über 800 stieg. Viele Messstationen konnten diesen Wert gar nicht mehr erfassen.

Die Entwicklung bereitet der chinesischen Bevölkerung große Sorge. Als vergangene Woche bekannt wurde, dass das komplette Regierungsviertel in Peking inzwischen mit hochpreisigen Luftreinigern ausgestattet ist, war die Empörung besonders groß. „Wir werden vergiftet, während die Parteibonzen sich mit teurer Technik in ihren Häusern verschanzen“, schrieb ein wütender Blogger. Sein Eintrag wurde mehrere Zehntausend Mal weiterverbreitet. Die Regierung betonte in den vergangenen Tagen auch deshalb noch einmal, dass der Schutz der Umwelt inzwischen ein Thema der nationalen Sicherheit sei.

Deutsche Umwelttechnik soll nun nicht allein nur zur Reinhaltung der Luft beitragen, sondern vor allem auch die Energieeffizienz in China erhöhen. Nach einem Gespräch mit Gabriel betonte Xu Shaoshi, der Vorsitzende der in China so einflussreichen Reformkommission NDRC, dass Deutschland weltweit führende Produkte und „das effektivste System zur Einsparung von Energie“ habe. Auf diese Technik würde China sehr gern zugreifen und macht Lockangebote: „Bei der Energieeffizienz entsteht in China ein enormer Markt, auf dem deutsche Konzerne eine wichtige Rolle spielen könnten.“

Sigmar Gabriel fühlte sich geschmeichelt. Eine vertiefte Kooperation könne es beim Städtebau, in der Industrie und auch bei Elektroautos geben, antwortete er und hob hervor: Wenn Deutschland und China gemeinsam Erfolg hätten, würden andere Länder folgen. Peking müsse zugleich aber gegen die Schikane deutscher Investoren bei der Vergabe von Staatsaufträgen oder den Diebstahl von Patenten vorgehen. Nur eine „Partnerschaft auf Augenhöhe“ mache Sinn, betonte der Vizekanzler.