Der Plan klingt so verrückt, dass er wohl kaum umgesetzt werden dürfte – zumindest nicht in absehbarer Zeit. Und doch haben die chinesischen Staatsmedien am Freitag darüber ausführlich berichtet. Und worüber die Staatsmedien in der Volksrepublik unisono schreiben, kommt einer offiziellen Erklärung der Regierung gleich: China erwäge „ernsthaft“, Asien und Nordamerika mit einem Hochgeschwindigkeitszug zu verbinden, heißt es.
Die rund 13.000 Kilometer lange Strecke soll von Nordostchina an den äußersten Zipfel von Sibirien führen, die Beringstraße nach Alaska überqueren und einen Bogen nach Süden in Richtung Kanada und den USA schlagen. Sie wäre damit rund 3.000 Kilometer länger als die Transsibirische Eisenbahn, die Moskau bereits seit Jahrzehnten mit Peking verbindet. Bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 350 Kilometern die Stunde soll die Fahrt von China in die USA zwei Tage dauern.
Die chinesischen Zeitungen berufen sich auf Wang Mengshu, einem Experten an der Chinesischen Akademie für Ingenieurwesen. Er ist Chefplaner der bisherigen chinesischen Hochgeschwindigkeitsstrecken.
China hat innerhalb von nur einem Jahrzehnt die weltweit längste Hochgeschwindigkeitsstrecke gebaut. 2003 nahmen die Chinesen zum ersten Mal eine Schnellfahrstrecke in Betrieb, auf der Züge mit Geschwindigkeiten von 200 km/h und mehr fahren können. Inzwischen ist das Streckennetz 13.000 Kilometer lang und soll bis 2020 noch einmal verdoppelt werden. Für die ersten Züge kam die Technik unter anderem von Bombardier, Siemens und Kawasaki. Inzwischen haben die Chinesen ihre eigenen Hochgeschwindigkeitszüge entwickelt. Bombardier und Siemens liefern aber weiterhin technisches Wissen, wichtige Komponenten oder bauen ihnen die Plattformen.
Größte technische Herausforderung für eine mögliche Strecke nach Alaska ist die Überquerung der Beringstraße zwischen Russland und Alaska. Es müsste ein rund 200 Kilometer langer Unterwassertunnel gebaut werden, der die beiden Kontinente verbindet. Er wäre vier Mal so lang wie der Kanaltunnel zwischen Großbritannien und Frankreich. Zum Vergleich: Der Lötschberg-Basistunnel in der Schweiz ist 34 Kilometer lang. Technisch ist der Bau nach Einschätzung des Chefplaners inzwischen aber möglich.
Schwierig dürften jedoch die politischen Verhandlungen werden. Schon jetzt stocken die Gespräche mit Russland über den Bau einer Hochgeschwindigkeitsstrecke von China nach Europa über russisches Territorium. Mit Moskau würden intensive Gespräche geführt, beteuert dagegen Chefplaner Wang. „Russland denkt schon seit vielen Jahren über eine Strecke nach Alaska nach.“ Die USA und Kanada haben sich noch nicht zu Chinas Plänen geäußert. Über die zu erwartenden Kosten machte Wang keine Angaben.
Sehr viel weiter sind dagegen Chinas Pläne in Afrika. Der chinesische Premierminister Li Keqiang kündigte am Donnerstag zur Eröffnung des Weltwirtschaftsforums „Africa’s Davos“ in der nigerianischen Hauptstadt Abuja an, dass China sämtliche afrikanische Hauptstädte mit einer Hochgeschwindigkeitsstrecke verbinden wolle. Sein Land werde den afrikanischen Staaten dafür zu günstigen Bedingungen mehr als 30 Milliarden US-Dollar an Krediten zur Verfügung stellen, versprach Li.
Neben dem Bau einer Strecke zwischen der Volksrepublik und Europa über russisches Territorium strebt China derzeit den Bau von zwei weiteren internationalen Hochgeschwindigkeitsstrecken an. Eine Verbindung soll von Urumqi in Westchina über Kasachstan, Usbekistan, Turkmenistan, den Iran und die Türkei bis nach Deutschland führen. Am weitesten gediehen ist die rund 3.000 Kilometer weite Strecke zwischen der südwestchinesischen Stadt Kunming über Bangkok in Thailand nach Singapur.